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Lehrreiche Herbstwanderung auf den Mont-Vully

von Guido Kaufmann
am

Viele Wege führen nicht nur nach Rom, sondern auch auf den Mont Vully. Heute habe ich mich bei meiner Wanderung für den Naturlehrpfad oberhalb von Praz entschieden. Er ist mir diesen Frühling bei einer Wanderung durch die Rebberge von Môtier nach Sugiez (eine ebenfalls sehr empfehlenswerte Wanderung) aufgefallen. Etwas abseits von der Hauptstrasse hat es verschiedene grössere Parkplätze, von wo aus man die Wanderung starten kann. Dort geht es dann gleich hoch in die Rebberge zum schweizweit bekannten Winzerlehrpfad. Statt diesem Richtung Môtier oder Sugiez zu folgen, gehe ich gerade aus weiter zum Einstieg in den neu angelegten - oder zumindest erneuerten - Naturlehrpfad.

Über einen gut präparierten Wanderweg mit einer Vielzahl von Treppen geht es dabei auf ziemlich direktem Weg den Berg hoch. Verschiedene Tafeln mit der Beschriftung von besonderen Bäumen und Sträuchern machen die Wanderung durch das wunderschöne Herbstlaub jedoch kurzweilig. Sogar an einem Edelkastanienbaum komme ich vorbei. Die Bäume, die sonst vor allem auf der Alpensüdseite wachsen, profitieren scheinbar wie die Reben am Südhang des Mont Vully von der milden Lage.

Nach etwa vierzig Minuten verlasse ich den Lehrpfad und den Wald. Von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung, vorbei am mächtigen keltischen Fort, bis hinauf zum Wistenlacherberg – wie der Mont Vully auf Deutsch heisst. Weil der Murtensee beim Aufstieg immer im Rücken war, geniesse ich den wunderbaren Ausblick, der sich von hier oben offenbart, nun ganz besonders.

Für den Rückweg nach Praz geht es vorerst auf die andere Seite des Hügels. Nicht zuletzt, um auch noch einen Blick auf den Bieler- und Neuenburgersee zu erhaschen.

Dabei lande ich zufällig wieder auf einem Lehrpfad, wo jedoch nicht mehr Botanik sondern Militärgeschichte "gelehrt" wird. Verschiedene Tafeln entlang des Weges berichten von den Befestigungsanlagen aus dem Ersten Weltkrieg. Die teilweise noch begehbaren Bunker sind Zeugen dieser Geschichte.

Das Wachtfeuer "Sur le Mont", auf das ein Wegweiser hinweist, blickt auf ein paar Jahrhunderte mehr zurück. Offenbar haben die Kelten bereits von hier aus Nachrichten weitergegeben. Sicher und historisch überliefert, nutzten es die alten Eidgenossen, um ihre Truppen zu alarmieren, zum letzten Mal beim Einmarsch von Napoleon um 1798.

Einem noch viel älteren Zeitzeugen begegnete ich auf meinem Rückweg bereits etwas weiter oben: Der Agassiz-Stein, ein Findling, benannt nach dem in Môtier geborenen Naturhistoriker und Harvard-Professor. Der erratische Block, wie der Gesteinsbrocken im Fachjargon genannt wird, wurde offenbar in der Eiszeiten auf dem Rücken des Rhone-Gletschers vom Wallis bis hierhin transportiert.

Vorbei an den verwinkelten Sandsteingrotten, die an diesem sonnigen Herbstsonntag von abenteuerlustigen Kinderscharen in Beschlag genommen werden, führt mich das letzte Stück meiner Herbstwanderung nochmals durch die Vully-Rebberge.

Nach rund drei Stunden bin ich wieder bei meinem Ausgangspunkt. Wahrscheinlich wäre die schöne Wanderung um den Mont-Vully in zwei Stunden gut machbar, aber ein Picknick mit herrlichem Blick auf den Murtensee und die vielen spannenden botanischen, geologischen und geschichtlichen Erläuterungen entlang des Weges sollte man sich keinesfalls entgehen lassen…