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So tickt der Oberamtskandidat Jean-Claude Goldschmid

Der 45-jährige Dr. Jean-Claude Goldschmid ist im Zürcher Oberland aufgewachsen. Er studierte in Zürich Literatur und Geschichte und arbeitete nach dem Studium in der Ostschweiz als Mittelschullehrer und Journalist. Seit bald fünf Jahren wohnt er im Kanton Freiburg und engagierte sich zunächst als Redaktor bei den Freiburger Nachrichten, danach als Versicherungsberater. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.

von Joel Rathgeb
am
Jean-Claude Goldschmid kandidiert für das Oberamt des Seebezirks. unsereRegion hat ihn zum Interview getroffen.

Der 45-jährige Dr. Jean-Claude Goldschmid ist im Zürcher Oberland aufgewachsen. Er studierte in Zürich Literatur und Geschichte und arbeitete nach dem Studium in der Ostschweiz als Mittelschullehrer und Journalist. Seit bald fünf Jahren wohnt er im Kanton Freiburg und engagierte sich zunächst als Redaktor bei den Freiburger Nachrichten, danach als Versicherungsberater. Er ist verheiratet und Vater eines Sohnes.

Goldschmid kandidiert für das Oberamt des Seebezirks. Die Wahl findet am 7. November 2021 statt. Im Interview mit unsereRegion gibt er spannende Einblicke in sein Leben, seine Einstellungen und seine politischen Ziele. 

Herr Goldschmid, Sie studierten Literatur und Geschichte, arbeiteten danach als Mittelschullehrer, Journalist und Redaktor. Heute sind Sie Versicherungsberater. Was motiviert Sie, immer wieder neue Herausforderungen anzunehmen?

Jean-Claude Goldschmid: «Man sagt, die einzige Konstante im Leben ist der Wandel. So ist es auch bei mir, meine berufliche Laufbahn hat mich über verschiedene Stationen geführt. Der rote Faden in meiner Karriere sehe ich vor allem in der Arbeit mit Menschen verschiedenster Altersstufen und mit verschiedensten Hintergründen. Das hat mir schon immer viel Freude bereitet. Dadurch konnte ich mir auch eine grosse Sozialkompetenz aneignen. Chemie hat mich zum Beispiel immer interessiert, jedoch könnte ich es mir nicht vorstellen, alleine in einem Labor zu arbeiten.»

Der Mensch ist ein politisches Lebewesen.

Wann haben Sie die Politik für sich entdeckt?

«Ich war schon immer politisch interessiert. Das ist einer der Hauptgründe, wieso ich lange Zeit als Journalist tätig war. Wie schon Aristoteles sagte: Der Mensch ist ein politisches Lebewesen. Natürlich war ich als Journalist immer in einer neutralen, beobachtenden Rolle. Mit der Zeit wurde der Wunsch immer stärker, selbst etwas zu bewirken. Als ich dann 2019 von den Freiburger Nachrichten zu den Basler Versicherungen wechselte, erfüllte ich mir diesen Wunsch.
 
Für die SVP habe ich mich entschieden, weil ich etwas für eine freie, unabhängige Schweiz tun will. Ich möchte den Mittelstand und die Landwirtschaft stärken. Nicht zuletzt spielten aber auch persönliche Freundschaften eine Rolle, die im Laufe der Jahre entstanden sind.»

Was ist Ihre Motivation, sich für die lokale Politik und speziell fürs Oberamt zu engagieren?

«Think global, act local. Speziell in der Lokalpolitik kann man durch die Nähe zu den Bürger*innen konkrete Resultate bewirken. Das heisst aber nicht, dass die kantonale und nationale Politik nicht wichtig sind. Es braucht alle Ebenen. Das Oberamt interessiert mich speziell, weil ich mich für die Interessen des Bezirks, vor allem in den Bereichen Landwirtschaft und Gewerbe, stark machen möchte. Als Oberamtmann muss man alles dafür tun, dass sich die Leute im Bezirk wohl fühlen. Man muss zeitnah agieren, um die effizientesten Verbindungen zwischen Kanton, Gemeinden und Bürger herzustellen. Im politischen Freiburg möchte ich den Seebezirk in den verschiedenen Gremien und in der Verwaltung repräsentieren. Natürlich muss man auch die Vorgaben von Freiburg umsetzen.»

Welche Qualitäten braucht Ihrer Meinung nach ein kompetenter Oberamtmann?

«Ganz allgemein gesagt muss eine Oberamtsperson teamfähig und konfliktfähig sein, sowie Verhandlungsgeschick aufweisen. Man muss Empathie haben, kommunikationsfähig sein und nicht zuletzt auch eine interkulturelle Kompetenz haben. Man muss Menschen in allen Lebenslagen unbefangen begegnen können und man muss gut zuhören können. Als langjähriger Journalist, Versicherungsvertreter und Vereinsfunktionär gehören Vernetzung und Kommunikation zu meinen Kernkompetenzen.
 
Natürlich muss eine Oberamtsperson auch belastbar sein, denn zu Beginn können die Wochen 60 bis 80 Arbeitsstunden umfassen. Doch daran bin ich gewöhnt. Im Unterschied zum Staatsrat ist man Generalist und trägt die Entscheidungen allein, nicht als Gremium. Deshalb ist dies eines der interessantesten politischen Ämter.»

Welche offenen Baustellen sehen Sie im Seebezirk, wo müssen Lösungen her?

«Der Seebezirk mit seinen aktuell 17 und ab nächstem Jahr 15 Gemeinden ist sicher einzigartig im Kanton. Ein schönes Bild dafür ist die Bibera: Im Quellgebiet in Courtepin ist sie französisch und katholisch, dann fliesst sie durch Gurmels, wo sie deutschsprachig und katholisch wird. In Kerzers, im Grossen Moos ist sie dann deutsch und reformiert und in Sugiez schliesslich welsch und reformiert. Dies zeigt: Wir befinden uns sprachlich, konfessionell und kulturell auf einer Grenze. Diese Diversität trage ich seit meiner Kindheit in mir. Mein Vater ist französischsprachig und reformiert und meine Mutter ist deutschsprachig und katholisch. Minderheiten bedeuten generell Diversität. Ein Bewusstsein dafür bedeutet, dass man bessere Entscheidungen treffen kann. Gerade der französischsprachigen Minderheit im Seebezirk muss man respektvoll und offen begegnen.
 
Es wäre sicher auch gut, wenn die Vizeoberamtsperson erneut frankophon wäre. Die konfessionellen Grenzen spielen im 21. Jahrhundert weniger eine Rolle, denn durch die Durchmischung hat man gelernt, zusammenzuleben.»

Sie wissen offenbar nicht mal, wie es im Grossen Moos aussieht, machen uns aber Vorschriften zur Breite der Bibera.

«Konkret geht es im Oberamt um Ortsplanungen, es geht um Umfahrungen, zum Beispiel in Kerzers, von Gurmels, Courtepin, Salvenach. Auch der Anschluss der Nationalstrasse im Löwenberg ab der A1 ist ein Thema. Dann geht es um den politischen Druck aus Freiburg, die Anzahl der Gemeinden im Seebezirk weiter zu senken. Es geht um Baugesuche, die oft zu lange liegenbleiben. Es geht auch um die Arbeitszone Löwenberg. Häufig hat man das Gefühl, dass die Verwaltung in Freiburg unsere Anliegen im Seebezirk zu wenig ernst nimmt. Ein Beispiel: Sie wissen offenbar nicht mal, wie es im Grossen Moos aussieht, machen uns aber Vorschriften zur Breite der Bibera.»

Was sind Ihre Ideen, um diese Herausforderungen im Seebezirk zu meistern?

«Man muss die Bedürfnisse abholen, man muss intensiv kommunizieren und in Freiburg sanft lobbyieren. Man muss dem Seebezirk in Freiburg ein Gesicht geben. Dafür kann ich mein grosses Netzwerk nutzen.
 
Wichtig ist, sich formell sowie informell mit den Grossräten austauscht. Man muss sich gegenseitig für Problemfelder sensibilisieren und dann gemeinsam Lösungen erarbeiten. Die Oberamtsperson muss kein König oder Landvogt sein, sondern sie muss dem Volk dienen und dafür 1000 Aufgaben erledigen. Diese muss sie neutral und termingerecht erledigen und sie muss bereit sein, einen Konsens zu finden und dafür Kompromisse einzugehen. Die Parteipolitik darf im Oberamt überhaupt nicht im Vordergrund stehen. Aber natürlich kann eine Oberamtsperson schon auch eigene Ideen einbringen.
 
Man muss aber auch ehrlich sagen, dass das Pflichtenheft der Oberamtsperson jetzt schon riesig ist. Man kommt ins Amt und muss ein riesiges Pendenzenheft abarbeiten. Da ist es meiner Meinung nach sinnvoll, den Fokus auf die menschlichen Anliegen und Beziehungen zu setzen.»

Die Meinung der Bevölkerung ist Ihnen wichtig. Werden Sie dafür Zeit haben?

«Man macht dies so gut, wie es der zeitliche Rahmen erlaubt. Man muss es aber zumindest versuchen, nebst dem Syndic auch mit dem Bürger zusammenzusitzen. Zuhören können ist sehr wichtig.»

Und zum Schluss: Haben Sie einen Lieblingsort im Seebezirk?

«Ich habe mit meiner Familie tatsächlich so ein Plätzchen, nämlich der Spielplatz bei der Badi in Nant. Dort hat es ideale Spielgeräte für meinen zweijährigen Sohn. Es hat eine Wiese, einen Grill, man kann baden gehen und sogar die Aussicht ist super. Man sieht den See mit Schiffen, dahinter Murten und noch weiter in der Ferne die Alpenkette. Ich habe den Geburtstag meines Sohnes mit der Familie dort verbracht. Aktuell sind wir fast jedes Wochenende dort. Jedoch bin ich auch ganz gerne zuhause im Garten.»