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Auslandmurtner: So kam Chris Ledergerber nach Chile

In dieser Artikelserie erzählen uns Leute, die mal in der Region gelebt haben, über ihren verwirklichten Traum, ins Ausland auszuwandern. Heute habe ich mit Chris Ledergeber aus Chile gesprochen.

von Marianne Oppliger
am
Chris Ledergerber lebt seit einem halben Jahr in Chile. Davor hat er über 20 Jahre in der Region Murtensee gelebt.

In dieser Artikelserie erzählen uns Leute, die mal in der Region gelebt haben, über ihren verwirklichten Traum, ins Ausland auszuwandern. Heute habe ich mit Chris Ledergeber aus Chile gesprochen.

Ich heisse Chris Ledergerber, man kennt mich unter dem Namen Ledi. Ich möchte Ihnen von meiner spontanen Auswanderung nach Chile erzählen. 
 
Ich bin 1962 geboren und die ersten drei Jahre in der Stadt St. Gallen aufgewachsen, danach wohnte ich bis 1984 in Degersheim. Anschliessend war ich über 20 Jahre in der Region Murtensee und im Stedtli Murten zu Hause.
 
Mich interessierte die weite Welt schon immer. In den 70er-Jahren wanderten ein paar Bekannte nach Kanada und Australien aus. «Wow!», dachte ich. Der Hintergedanke, auszuwandern lebte vom zehnten Lebensjahr an in mir. Später ging ich ins Ausland, um zu arbeiten. Mehr als zehn Jahre verbrachte ich als Auslandmonteur. Neue Länder kennenlernen, nicht als Tourist, sondern dort leben, arbeiten, das war der Traum. Leider schloss die Firma, in der ich gearbeitet hatte, ihre Türen und ich war im Frühjahr 2014 das letzte Mal im Ausland. Dies ist meine Anfangsgeschichte.

Die Idee, nach Chile auszuwandern

Am 7. Februar 2020 besuchte ich einen Kollegen in Chile – dann ging alles ganz schnell: am 19. Februar, also keine zwei Wochen später, hatte ich ein Haus gekauft. Ich wusste, dass ich im Alter keine allzu grosse Rente bekommen werde, also war mein langersehnter Traum, auszuwandern, in Erfüllung gegangen.

Dann kam Covid-19

Ich reiste am 26. Februar 2020 wieder nach Hause und wollte mein Geld aus der Pensionskasse beziehen. Das geht aber heute nur noch bis zum 58. Lebensjahr. Da ich im Juni 2020 58 Jahre alt wurde, musste nun alles schnell gehen; meine Arbeit und meine Wohnung kündigen und per Ende Mai in der Schweiz abmelden. So bekam ich das gesamte Geld von der Pensionskasse ausbezahlt, musste aber zehn Prozent Steuern zahlen. Dann gingen in Chile die Grenzen zu und ich stand ohne Wohnung und Job da. Weil ich in der Vergangenheit ein grosses Beziehungsnetz aufgebaut hatte, konnte ich wieder wochenweise arbeiten. Und ich zog wieder in die Ostschweiz zu meinem Vater.
 
In der Schweiz zu leben ohne Job, ein Himmelfahrtskommando! Ich musste ja mein Haus in Chile bezahlen und lebte in der Schweiz, da die Grenzen in Chile geschlossen waren. Ohne Job ist das ersparte Geld schnell weg.
 
Ich hatte Kontakt mit Chile und schaute jeden Tag, was sich dort veränderte. Am 23. November 2020 ging die Grenze wieder auf und ich schnell ins Flugzeug und ab. Ich war der erste Schweizer, der am 24. November 2020 in Chile einreiste. Zuerst sieben Monate gewartet und dann in sieben Tagen ausgewandert! Alles mit erschwerten Massnahmen, 2 PCR-Tests, Quarantäne etc.

Einleben in Chile

Vieles läuft hier ganz anders als in der Schweiz und vor allem ist es billiger: 1.6 kg Rindsfilet kosten 35 Franken, 2 kg Tomaten lediglich 3.75 Franken. Hingegen sind Importwaren und Elektronik teurer als in der Schweiz, diese Produkte kosten hier fast das Doppelte. Mit meiner Rente kann ich hier aber gut leben, ich habe ein Auto und kann sogar noch Ferien machen.
 
Mir geht es den Umständen entsprechend. Der Lockdown und die Massnahmen habe ich gut überstanden und ich habe mich gut eingelebt. Ich arbeite im Moment nicht und in vier Jahren lasse ich mich pensionieren. Die Covid-19-Zeit ist eine schwierige Zeit, aber ich habe schon Kontakte hier in Chile und sehr gute Freunde. Meine Nachbarn sind der Hammer! Ohne sie hätte ich viel mehr Probleme. Es ist wie in den 70er-Jahren in der Schweiz, jeder hilft jedem.
 
In Zukunft werde ich mit Schweizer Firmen zusammenarbeiten, die ihre Produkte in Chile verkaufen wollen. Als ehemaliger Auslandmonteur habe ich viele Kontakte zu Schweizer Weltfirmen und mein guter Freund und Nachbar hat die Kontakte in Chile. Aber zurzeit beherrscht Covid-19 den Markt und die Investitionen werden zurückgestellt. Doch ich bin zuversichtlich, dass es meinem Nachbarn und mir gelingen wird, eine Import- und Export-Firma aufbauen zu können.

Liebe Grüsse aus Chile,
Chris Ledergerber