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Leserbriefe: Pro und Contra zu den Agrarinitiativen

Die zwei Agrarinitiativen schlagen zurzeit hohe Wellen. Häufig wird darüber diskutiert. Zwei Leser*innen haben uns ihre Meinung per Leserbrief mitgeteilt.

Die zwei Agrarinitiativen schlagen zurzeit hohe Wellen. Häufig wird darüber diskutiert. Zwei Leser*innen haben uns ihre Meinung per Leserbrief mitgeteilt.

Es ist Samstagmorgen vor sieben Uhr. Der Himmel ist bewölkt, es ist windstill und der Boden ist abgetrocknet. Die Verhältnisse sind daher ideal, um die Pflanzenschutzmittelbehandlung vorzunehmen. Eigentlich eine Routinearbeit. Und doch hat sich etwas verändert. Seit dem Abstimmungskampf für die beiden Agrariniatiativen «für sauberes Trinkwasser» und «für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide» eröffnet wurde, ist meine Arbeit am Rand von Murten schwieriger geworden. Ich sehe die verurteilenden Blicke und das Handzeichen des Joggers, der am Feldrand vorbeiläuft. Wie gerne würde ich mit ihm das Gespräch suchen, ihm erklären, wie wichtig es ist, dass wir unsere Pflanzen schützen können. Ich bin Bio-Bauer. Aktuell schlagen die kantonalen Pflanzenschutzdienste Alarm. Die Kraut- und Knollenfäule breitet sich aus. Ein weiteres Beispiel, wie wichtig der Schutz der Pflanzen vor diesem Pilz ist. Pflanzenschutz ist wie Schuhe imprägnieren. Je nach Wetter und Feuchtigkeit mehr oder weniger. Ich erhalte Direktzahlungen für die Reduktion der Pflanzenschutzmittel, nicht für deren Einsatz. Bis ich am Feldrand mit dem Traktor angekommen bin, ist der Jogger bereits weit weg. Dabei wäre das direkte Gespräch der beste Weg, Verständnis für die Anliegen der Landwirtschaft zu schaffen. Das haben die zahlreichen Diskussionen der letzten Wochen klar gezeigt. Noch nie zuvor wurde unsere Arbeit so dermassen kritisiert. Sie sagen, wir verschmutzen das Trinkwasser. Andere Verursacher wie Haushalte, Verkehr, Industrie und Humanmedizin bleiben von der Kritik unverständlicherweise verschont, obwohl wir häufig dieselben Wirkstoffe einsetzen. Ich muss mich daran erinnern, warum ich diesen Beruf ausgewählt habe: Herzblut, Leidenschaft und Idealismus. Landwirt ist kein Beruf, es ist eine Berufung. Wir haben uns der ökologischen und regionalen Produktion von Lebensmitteln verschrieben. Und doch haben zwei Initiativen innert kürzester Zeit einen Graben zwischen Konsumenten und uns Produzenten geschaffen. Das stimmt mich nachdenklich.
Bald ist der 13. Juni. Dann ist es vorbei. Ich hoffe, dass wir diesen Graben wieder gemeinsam schliessen können.

Stefan Krähenbühl, Bio-Landwirt, Greng

Die Suppe wird nicht so heiss gegessen

Die Emotionen gehen hoch im Vorfeld der Abstimmungen vom 13. Juni 2021. Insbesondere die sogenannten Agrarinitiativen geben Anlass zu heftigen Auseinandersetzungen. Beide Verfassungsbestimmungen sehen relativ lange Übergangsfristen vor (8, bzw. 10 Jahre). In dieser Zeit wird die Ausführungsgesetzgebung für das Pestizidverbot und auch die Änderungen beim Direktzahlungssystem für die Landwirte, welche bei der Trinkwasserinitiaive vorgesehen sind, erarbeitet werden. In diesem Gesetzgebungsprozess werden die verschiedenen Interessengruppen ihren Einfluss geltend machen. Am Ende dieses Verfahrens wird möglicherweise wieder das Stimmvolk das Ganze absegnen müssen. Eine gerichtliche Kontrolle, ob diese Gesetze dann ganz genau der Verfassung entsprechen, gibt es in der Schweiz nicht. Es ist also absehbar, dass die Suppe nicht ganz so heiss gegessen wird, wie sie jetzt in der Hitze der Abstimmungskampagnen gekocht wird. Daher empfehle ich kurz innezuhalten, den Text der Initiativen im Abstimmungsbüchlein zu lesen, daran zu denken, dass wir die Erde von unseren Nachkommen ausgeliehen haben, und dann den Stimmzettel auszufüllen.

Martin Leu, Generalrat glp, Murten