Let’s Talk Nr. 5 – Film-Talk zu «Von der Rolle»

Bereits bei der Vorstellungsrunde wird klar, die beiden Gäste, Eltern eines 10-jährigen Sohnes, leben das, was sie filmisch dokumentieren, auch selbst. Neben ihrer Arbeit in der von ihnen gegründeten und geführten Produktionsfirma für Film und Verleih teilen sie sich die Haushalts- und Familienpflichten untereinander gerecht auf. Um dieses aktuelle Thema der Rollenteilung innerhalb der Familie besser zu beleuchten, begleiten sie in ihrem Dokumentarfilm drei Familien. Zur Auswahl der Familien erklärt Verena Edtner, dass sie bewusst drei Konstellationen gesucht haben, in denen die Rollenverteilung möglichst verschieden ist. Gemeinsam hingegen ist, dass jeweils die Frau den Part des Haupterwerbs innehat. Um mit der Kamera so nahe an die Familien zu kommen, war es wichtig, während den Dreharbeiten, die sich über rund drei Jahre erstreckten, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Auch die Kinder mussten sich zuerst ein wenig an die Kamera gewöhnen. Auf die geistreich-witzigen Zwischen-Animationen angesprochen, welche den Dokumentarfilm in einer lockeren Weise strukturieren, erläutert Dan Riesen deren Funktion: Sie dienen der Cartoon-artigen Zuspitzung des Inhalts und als Denkpausen, welche es den Zuschauenden ermöglichen, den vorhergehenden Teil kurz zu reflektieren. Diese Animationen bringen somit eine Metaebene in den Film.

Im Verlaufe des Gesprächs zum Film, aber auch in den engagierten Fragen, zeigt sich ein roter Faden des Abends. Die Rollenbilder sind in der Gesellschaft immer noch tief verankert. Damit werden die Paare immer wieder auf subtile Art konfrontiert, aufgrund von scheinbar gut gemeinten Rückmeldungen, aufgrund von Reaktionen des näheren Umfelds. Solange nur eine kleine Minderheit der Familienväter – wenn auch mit steigender Tendenz – sich auf eine andere Rollenverteilung einlassen, können uralte Denkmuster nicht so schnell überwunden werden. Bei der arbeitenden Mutter besteht ein unterschwelliger Vorwurf, und immer noch zu oft verliert sie beim geringsten Anlass ihre Stelle, z.B. weil ein weiteres Kind erwartet wird. In eher ländlich geprägten Regionen ist auch heute noch die Rolle des Hausmanns mit Vorurteilen behaftet. Wie anwesende Teilnehmer bestätigen, welche das Modell bereits leben, werden die Männer zuerst einmal der Arbeitslosigkeit verdächtigt.

Gegen den Schluss der Diskussionsrunde wird auch die politische Frage aufgeworfen, welche gesetzlichen Vorgaben eine gerechtere Rollenteilung fördern könnten. Dabei zeigt sich, dass ein Modell der Elternzeit statt eines Mutterschaftsurlaubes eine grössere Flexibilität ermöglicht und als fairer wahrgenommen wird. Die Paare und Familien können dabei die intensive Phase der Kleinkinderzeit besser planen, und der Arbeitgeber gerät weniger unter Druck oder in Versuchung, den Kostenfaktor "Mütter oder Eltern von Kleinkindern" zu eliminieren – was meistens auf Kosten der Frauen geht. Selbstredend sind wir bei dieser Frage erst am Beginn eines wohl noch langen gesellschaftlichen und politischen Transformationsprozesses.

Die sechste und letzte Ausgabe unserer Polit-Talk-Reihe widmet sich dem Thema Wirtschaft. Mit Gerhard Andrey, Nationalrat der Grünen und Unternehmer in Freiburg, haben wir einen fundierten Kenner zu ökonomischen und wirtschaftspolitischen Fragen. Moderiert wird der virtuelle Politstammtisch durch die Murtener Gross- und Generalrätin Julia Senti.

Der Beginn ist wiederum um 20:00 Uhr am Donnerstag, 20. Mai auf folgendem Zoom-Link: https://t1p.de/lets-talk-murten – wir freuen uns auf alle Teilnehmenden!

Reto Burger,
SP Fraktion Murten