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Land und Leute /Kolumne
Brigitte Kaufmann

Über Gott und die Welt - Von der Freundschaft

Wenn ich jeweils am Anfang eines neuen Schuljahres meine Schülerinnen und Schüler frage, worauf sie sich am meisten freuten, sagen sie oft: „Die Freunde wieder zu treffen und neue Freundinnen und Freunde kennenzulernen.“ Ich merke jeweils, wie das Zwischenmenschliche auch in der Schule einen hohen Stellenwert einnimmt. Manchmal lese ich ihnen dann diese Geschichte vor:

Es war einmal eine Insel, auf der alle Gefühle der Menschen zu Hause waren. Das Glück, die Traurigkeit, der Humor, das Wissen und all die anderen Gefühle und Eigenschaften. Auch die Freundschaft lebte dort. Eines Tages verbreitete sich die Botschaft, dass die Insel sinken würde. Alle Gefühle verliessen die Insel und flüchteten mit ihren Schiffen. Nur die Freundschaft blieb bis zum letzten Augenblick, denn sie liebte die Insel sehr. Als die Insel unterging, rief sie um Hilfe. Der Reichtum war in der Nähe mit einem Luxusschiff. Die Freundschaft fragte ihn: „Reichtum, kannst du mir bitte helfen und mich mitnehmen?“ „Nein, das kann ich nicht, weil ich zu viel Geld und Gold, Silber und Edelsteine auf meinem Schiff habe. Dort ist kein Platz mehr für dich.“ So bat die Freundschaft den Hochmut um Hilfe, der mit seinem wunderschönen Schiff vorbeifuhr. Doch der entgegnete: „Ich kann dir nicht helfen. Hier ist alles so wunderschön. Du könntest mein Schiff beschmutzen oder beschädigen.“ Als nächstes fragte die Freundschaft die Traurigkeit: „Nimm du mich bitte mit!“ Doch sie antwortete: „Nein, das ist unmöglich. Ich bin so traurig und möchte lieber alleine bleiben.“ Auch das Glück nahm sie nicht mit, weil es die Freundschaft in seiner Ausgelassenheit überhaupt nicht hörte. Doch plötzlich nahm sie eine Stimme wahr, die rief: „Komm, Freundschaft, ich nehme dich mit.“ Am Ziel angekommen, vergass die Freundschaft in all ihrer Freude zu fragen, wer sie denn mitgenommen hatte. Daher fragte sie das Wissen, wer ihr geholfen hatte. „Es war die Zeit“, antwortete das Wissen. „Die Zeit?“, fragte die Freundschaft erstaunt. „Warum hat die Zeit mich gerettet?“ Das Wissen lächelte weise und antwortete ihr: „Weil nur die Zeit versteht, wie wichtig die Freundschaft im Leben ist.“

Wir brauchen sie, diese Freundschaften, weil wir im Leben immer wieder Situationen begegnen, in welchen wir mit jemandem in Ruhe und Geborgenheit persönliche Sachen besprechen müssen. Wir alle brauchen Menschen, denen wir hundertprozentig vertrauen können und die uns liebevoll, aber auch kritisch zur Seite stehen. Menschen, bei denen wir stark und schwach sein können und bei denen wir uns rundherum wohl fühlen.

Solche Menschen, die gute und wahre Freundinnen und Freunde sind, wünsche Ich Ihnen von Herzen.

PS: Auf die Frage, was denn Freundschaft für sie bedeute, antworteten die Jugendlichen folgendes:

  • Freundschaft ist für mich das Licht an dunklen Tagen
  • Freundschaft ist wie Sonnenschein
  • Freundschaft ist wie... Liebe, nur anders.
  • Freundschaft ist eine Mischung aus Liebe, sich nerven, sich necken, Familie und Vertrauen.
  • Freundschaft ist etwas, das man nicht vernachlässigen sollte.

Brigitte Kaufmann lebt in Jeuss und arbeitet als Familienfrau und Mutter. Die gelernte Hauswirtschaftslehrerin und Theologin ist ausserdem als Laienseelsorgerin in der Pfarrei Gurmels tätig.