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Bauernproteste auch in der Schweiz möglich?

Die Bauernproteste in Deutschland und Frankreich dauern an. In der Schweiz hat das Parlament glücklicherweise offenere Ohren für die Anliegen der Landwirtschaft, aber die Situation ist ebenfalls angespannt.

von Rainer Menning
am
Bauernproteste legen Berlin lahm (Foto: tagesschau.de)

Die Bauernproteste in Deutschland und Frankreich dauern an. In der Schweiz hat das Parlament glücklicherweise offenere Ohren für die Anliegen der Landwirtschaft, aber die Situation ist ebenfalls angespannt.

Berlin kollabiert unter dem Ansturm der Landwirte und es kommt regelmässig zu einem Verkehrschaos. In Frankreich schütten entzürnte Landwirte auch schon mal Mist vor die Gebäude der Regionalregierungen. Anlass der Proteste ist die Unzufriedenheit mit den Entscheidungen der Landesregierungen: In Deutschland sollen die Zuschüsse für Agrardiesel innerhalb von drei Jahren stufenweise abgeschafft werden. Und in Franken richten sich die Proteste gegen die überhandnehmenden Normen und Vorschriften. Ausserdem kämpfen die Bauern für ein ausreichendes Einkommen.

Traktoren vor dem Bundeshaus?

Werden in absehbarer Zeit auch Traktoren in Richtung Bundesbern fahren und in der Hauptstadt für ein Chaos sorgen? Kaum vorstellbar ist die Einschätzung von Jürg Vollmer, Chefredakteur der Landwirtschaft-Zeitung «Die Grüne». In einem Editorial erklärt Vollmer, dass die Schweizer Landwirte weniger abhängig sind von den Bestimmungen der Europäischen Union. Durch den Umstand, dass die Reform des Landwirschaftsgesetzes auf 2030 verschoben wurde, sei etwas Ruhe in die hektische Agrarpolitik gekommen.

Schweizer Bauernverband lanciert Petition

Der Schweizer Bauernverband (SBV) nimmt die Bauernproteste in Deutschland und Frankreich zum Anlass, um eigene Forderungen zu stellen. Die Schweizer Bauernbetriebe hätten in weiten Teilen die gleichen Probleme wie ihre europäischen Kollegen und teilten viele ihrer Forderungen, heisst es in einer Mitteilung. Die Einkommenssituation vieler Bauernfamilien sei auch in der Schweiz ungenügend.

Zusammen mit der Westschweizer Bauernorganisation AGORA lanciert der Schweizer Bauernverband eine Petition mit Forderungen zur Verbesserung des instabilen sozio-ökonomischen Umfelds der Landwirte. Ausserdem gebe es für die Landwirtschaft eine mangelnde Wertschätzung, so der SBV weiter, Anerkennung gebe es kaum. Das führe zu einem verständlichen Überdruss bei den Produzentinnen und Produzenten. Die Bauernfamilien erstickten unter der Komplexität und dem administrativen Aufwand der Agrarpolitik.

In der Online-Petition stellt der Bauernverband fünf Forderungen:

  • Bessere Anerkennung der vielfältigen Rollen der Landwirtschaft, ihres Engagements und ihrer Hauptaufgabe: Die nachhaltige und tierfreundliche Lebensmittelproduktion.
  • Keine Sparprogramme auf dem Rücken der Landwirtschaft.
  • Erhöhung der Produzentenpreise und eine Preisbildung, die auf den effektiven Kosten basiert.
  • Keine neuen Auflagen im Umweltbereich, die nicht entschädigt sind.
  • Berücksichtigung der Realität in der Praxis und der Situation der Bauernfamilien.

Link zur Online-Petition: Forderungen der Landwirtschaft an die Politik und den Markt

Wie sieht die Situation im Seebezirk aus?

Wir haben bei der Vereinigung der Gemüseproduzenten der Kantone Bern und Freiburg nachgefragt, um herauszufinden, wie die Situation in der Region aussieht. Fazit: Überregulierung und der Spagat zwischen ökologischem Anbau und kosteneffizientem Anbau bestimmen auch im Kanton Freiburg den Alltag der Landwirte.

Thomas Wyssa, Gemüseproduzent aus Galmiz und Vorstandsmitglied der Gemüseproduzenten-Vereinigung der Kantone Bern und Freiburg (GVBF)

Thomas Wyssa

«Im Seebezirk drückt der Schuh gleich wie in der übrigen Schweiz. Mit den vielen Vorschriften, die wir haben, können wir nicht mehr produzieren, wie wir es einmal gelernt haben. Mit dem Rückzug von vielen Wirkstoffen haben wir sehr grosse Probleme, unsere Kulturen zu schützen und eine Qualität zu produzieren, die wir noch vermarkten können. Ausserdem werden immer mehr Biodiversitätsflächen von uns gefordert, das bedeutet, dass wir immer weniger Boden zur Lebensmittelproduktion zur Verfügung haben. In der Produktion zeichnen wir auf, wo und wie wir unsere Pflanzenschutzmittel und den Dünger ausbringen.

Jetzt konstruiert der Bundesrat ein neues Programm, bei welchem wir dem Bund auf den Quadratmeter genau sagen müssen, wieviel und welchen Wirkstoff wir ausbringen.

Auch muss jeder Nützling, den wir ausbringen, jedes Gramm Bakterien und Pilze, die wir für einen gesunden Boden einsetzen, übermittelt werden. Dies erhöht unseren bürokratischen Aufwand um ein Vielfaches und generiert uns auch zusätzliche Kosten, die wir nirgends verrechnen können.»