Murten 1968: Die erste französische Sekundarabteilung-CO du Moratois
Die französischsprechenden SchülerInnen aus der Umgebung von Murten durften erstmals im Jahr 1968 in die neu eröffnete französische Sekundarschule im OS -Schulhaus Längmatt eintreten.

Die französischsprechenden SchülerInnen aus der Umgebung von Murten durften erstmals im Jahr 1968 in die neu eröffnete französische Sekundarschule im OS -Schulhaus Längmatt eintreten.
Die Primarschule besuchten sie je nach Wohnort in Courgevaux, Meyriez, den damaligen Ortschaften von der heutigen Gemeinde Mont-Vully oder in Murten in der Katholischen Schule im Stadtgraben, die überwiegend von Ordensschwestern unterrichtet wurde.
Schülerinnen und Schüler mit mehrheitlich Jahrgang 1955 traten damals direkt in das zweite Sekundarschuljahr ein und absolvierten dadurch lediglich drei Jahre an der Orientierungsschule, diejenigen mit überwiegend Jahrgang 1956 traten ins erste Sekundarschuljahr ein. Der damalige Schuldirektor der ersten französischen Abteilung hiess André Javet, der als strenger und guter Lehrer bekannt war und bei dem die deutschsprachigen SchülerInnen gut französisch lernten!
Früher mussten die SchülerInnen weite Schulwege in Kauf nehmen, um an die Oberstufenschulen zu gelangen- sei dies nach Domdidier, Avenches oder Freiburg gewesen.
Von Courgevaux aus fuhren die Schüler mit dem Fahrrad und aus dem Vully Gebiet reisten sie mit dem öffentlichen Verkehr zum Bahnhof Sugiez, von dort mit dem Zug nach Murten, was heute noch so ist. Falls der Heimweg zu lang war, vor allem für jene aus dem Vullygebiet, mussten die Eltern ihre Kinder mittags im Restaurant Ringmauer in Murten essen lassen.

Bildlegende: v.l.n.r. Marino Palli, Josiane Bachofner-Biolley, Francis Tinguely, Josette Gugler-Wuillemin, Paul Collaud
In einer lustigen und interessanten Runde trafen sich einige ehemalige Schülerinnen und Schüler aus der ersten französischen Abteilung der CO du Moratois. Es ging hauptsächlich um die Frage, ob es Unterschiede zwischen den beiden zusammengebrachten Kulturen gab.
Murten ist ein zweisprachiger Ort, was den in Murten aufgewachsenen Kindern Vorteile brachte. In ihrem Umfeld spielten auch deutschsprechende Kinder mit den französischsprechenden Kindern oder man traf sich in Freizeit im Fussballclub oder Turnverein, spielte zusammen Musik – das führte zu einem natürlichen Sprachenaustausch.

Bildlegende: Erste Sekundarklasse der französischen Abteilung mit vier Schuljahren.
Die Frage nach dem eigentlichen Unterschied zwischen Deutsch-und Französischsprachigen führte zu interessanten Meinungen, die den Anwesenden unterschiedlich in Erinnerung geblieben sind. Deutsch ist nicht einheitlich Deutsch, sondern umfasst viele Dialekte, was es den Welschen nicht gerade einfacher macht. Auch die Denkweise und Kultur unterscheiden sich voneinander, was heute jedoch eher als Bereicherung empfunden wird.
Eine Geschichte blieb den Jungs in schlechter Erinnerung: An der Solennität hatten die französischen Sekundarschüler das Gefühl, gegenüber der deutschen Abteilung benachteiligt zu werden. Es war zum Beispiel vorgeschrieben, die Haare zur Kadettenuniform kurz zu tragen. Die Jungen wehrten sich gegen die Anordnung, was zu grossen Spannungen zwischen Schuldirektion und Schülern führte. Als die Haarschneiderin sogar ins Klassenzimmer bestellt und den Jungs das Ultimatum gestellt wurde - «Haare weg oder Schulausschluss»- blieb ihnen nichts anderes mehr übrig, als Federn zu lassen. Die Jungen der deutschen Sekundarschule durften ihre Haare lange tragen, was grossen Unmut hervorrief und von den Schülern mit Streichen beantwortet wurde.
Haare weg oder Schulausschluss!
Die Mädchen der deutschsprachigen Sekundarschule Murten freuten sich über die neuen Jungen, die bereits wie richtige Männer wirkten und dadurch attraktiver schienen als die Jungen der deutschsprachigen Abteilung. Die Eisbahn auf dem Schulhausplatz war der absolute Anziehungspunkt, und die jungen Paare verbrachten Stunden damit, Hand in Hand ihre Runden zu drehen. Der Deutsch-und Französischunterricht ausserhalb der Schule funktionierte bestens!
Für die Schülerinnen und Schüler der umliegenden Orte von Murten öffnete sich eine neue Welt, da sie sonst nie mit den Schülerinnen und Schülern vom Vully in Kontakt gekommen wären. Die Berufsgattung Weinbauern war den Jugendlichen damals unbekannt. Die Bewohner von Courgevaux waren unter sich und mussten nicht einmal zum Einkaufen nach Murten fahren, da im Dorf alles vorhanden war: drei Lebensmittelgeschäfte und eine Bäckerei, eine Metzgerei und eine Käserei.
Heute berichten die ehemaligen Sekundarschüler der französischen Abteilung, dass man den damaligen Politikern und Behörden von Murten dankbar sein müsse, denn diese Veränderung war Pionierarbeit. Dadurch konnten deutlich mehr Schülerinnen und Schüler in die Sekundarstufe übertreten, was zuvor kompliziert und umständlich war, weil man nach Freiburg oder Domdidier fahren musste. Murten war für die Jugendlichen eine Stadt, und es war für sie eine Ehre, dort zur Schule gehen zu dürfen. Diese Möglichkeit hat ihren Horizont erweitert und die Zugehörigkeit zu Murten und seiner Region wurde dadurch gestärkt. Die französischsprechenden SchülerInnen wurden gut aufgenommen und fühlten sich trotz kleiner Unterschiede integriert.