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Die Berufslehre ist nach wie vor attraktiv – jedoch einem stetigen Wandel unterworfen

Am 5. Oktober findet in Murten die Berufsmesse des Gewerbevereins Murten statt. Der Murtner Arbeitspsychologe Sebastien Simonet sieht die Berufslehre immer noch oder sogar mehr denn je als einen wichtigen Pfeiler der Arbeitswelt an.

von Rainer Menning
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Künstliche Intelligenz wird Einzug in die handwerklichen Berufe erhalten. (Foto: Pro Magazin)

Am 5. Oktober findet in Murten die Berufsmesse des Gewerbevereins Murten statt. Der Murtner Arbeitspsychologe Sebastien Simonet sieht die Berufslehre immer noch oder sogar mehr denn je als einen wichtigen Pfeiler der Arbeitswelt an.

Fachkräftemangel und schwer zu besetzende Lehrstellen sind in der heutigen Zeit eine Tatsache und werden als Phänomen in der modernen Arbeitswelt so (wohl) auch in Zukunft bestehen bleiben. Die handwerkliche Berufslehre deshalb gerade abzuschreiben ist voreilig. Sebastien Simonet, Arbeitspsychologe aus Murten, sieht - trotz dem sich veränderten Umfeld auf dem Arbeitsmarkt – gute Chancen für die Berufslehre. Wichtiger als die Frage «Von wo komme ich?» ist die Frage «Wohin gehe ich?»: Mit einer Weiterbildung stehen den Lehrabgänger*innen in der Schweiz praktisch alle Türen offen.

Experte im Bereich Arbeitspsychologie

Sébastien Simonet ist in Murten geboren und aufgewachsen. Er ist Arbeits- und Organisationspsychologe, Mitglied der Föderation Schweizer Psychologen:innen FSP und Geschäftsführer der in Bern und Zürich angesiedelten Beratungsfirma Nantys AG, die Unternehmen und Organisation seit bald 20 Jahren im Personalmanagement (Rekrutierung, Entwicklung, etc.) berät und auch Online-Applikationen für die Berufseignungsdiagnostik entwickelt.

Im Gespräch mit unsereRegion äussert er sich über die Bedeutung und die Zukunft der Berufslehre in der Schweiz.

Sébastien Simonet

Sébastien Simonet, hat die Berufslehre in der Schweiz an Attraktivität verloren?
Ich stelle fest, dass im Unterschied zum Beispiel zu Deutschland die Berufslehre in der Schweiz, trotz grossen Herausforderungen aufgrund des technologischen Wandels, demographischen Veränderungen, einem sich ändernden Verhältnis zur Arbeit, etc. kaum an Attraktivität eingebüsst hat.

Ich kann beobachten, wie für Kaderfunktionen auf allen Ebenen zunehmend Personen ausgewählt werden, die den Weg der Berufsbildung gegangen sind.

Was muss getan werden, um die Berufslehre weiter zu fördern?
Der Weg, den die Schweiz als Wissensgesellschaft eingeschlagen hat ist wohl der Richtige, bedingt aber auch eine ständige Anpassung des Bildungssystems an sich (schnell) wandelnde Bedürfnisse des Arbeitsmarktes. Konkret muss die Berufsbildung für Jugendliche und Firmen attraktiv gehalten werden, was zum Beispiel durch die Einführung der Berufsmatura und der Fachhochschulen erreicht wurde, die auch tertiäre Ausbildungen ermöglichen.

Wie wirkt sich diese Entwicklung auf deine Arbeit in der Personalselektion aus?
Ich kann beobachten, wie für Kaderfunktionen auf allen Ebenen zunehmend Personen ausgewählt werden, die den Weg der Berufsbildung gegangen sind und auch eine andere Sensibilität für berufliche Realitäten mitbringen. In den letzten rund 20 Jahren ist der Anteil der Personen, die eine berufliche Ausbildung abgeschlossen und anschliessend eine höhere Berufsbildung erworben haben tatsächlich von 25 auf zirka 40 Prozent gestiegen.

Künstliche Intelligenz wird in handwerklichen Berufen wohl einen ähnlichen Einfluss haben, wie wir ihn bei der Verbreitung des Internets erlebt haben.

Wohin führt es, wenn auf einmal Berufsleute fehlen? und die Zuwanderung begrenzt ist?
Nun, wir können die Auswirkungen davon heute schon sehen und auch in der Personalauswahl spüren wir den zunehmenden Fachkräftemangel, der die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten des Landes einschränkt. Sicher ist eine weitere Aufwertung der Berufsbildung wichtig, um diesem entgegenzuwirken, aber ganz ohne den «Import» von Talenten, wird es wohl wie bei anderen Ressourcen auch, kaum möglich werden, den eingeschlagenen Kurs so fortzusetzten.

Wie siehst du das Potential von Künstlicher Intelligenz (KI) in handwerklichen Berufen?
Künstliche Intelligenz wird in handwerklichen Berufen wohl einen ähnlichen Einfluss haben, wie wir ihn bei der Verbreitung des Internets erlebt haben. Die künstliche Intelligenz wird allerdings wohl stärker bei «white collar» Jobs einschlagen, und in einem klassischen Handwerksbetrieb eher die Verwaltung als die Ausführung betreffen.