Heinz Kaufmann gewährte Einblicke in das Murten seiner Kindheit
Murten in den 50er Jahren, als die Flaniermeile Pantschau noch von Kühen beweidet wurde und es anstelle der Gemeinde-App noch einen Ausrufer gab, der über die letzten News aus der Stadt Murten informierte. Heinz Kaufmann ermöglichte uns eine Zeitreise ins Murten der 50er Jahre.

Murten in den 50er Jahren, als die Flaniermeile Pantschau noch von Kühen beweidet wurde und es anstelle der Gemeinde-App noch einen Ausrufer gab, der über die letzten News aus der Stadt Murten informierte. Heinz Kaufmann ermöglichte uns eine Zeitreise ins Murten der 50er Jahre.
Nostalgie, Neugierde oder einfach aufrichtiges Interesse für das Murten aus den 50er Jahren? Wir wissen es nicht genau, Fakt aber ist, dass der Anlass auf ein grosses Interesse stiess und der kleine Saal im Museum Murten bis auf den letzten Platz ausgebucht war. Denis Decrausaz, Museumsdirektor, führte in den Abend ein und stellte Heinz Kaufmann kurz vor. Viele kannten Kaufmann bereits aus seinem Wirken als Politiker oder Stadtpolizist. Er wurde 1944 geboren und hat sein Kindheit in der Altstadt von Murten verbracht. In einer Zeit vor Netflix und TikTok, wie Kaufmann schmunzelnd erwähnte, aber mit viel Platz für Ideen und Streiche.

"Er habe keine Dokumente vorbereitet", erklärte Heinz Kaufmann gleich zu Beginn. Vielmehr werde er anhand von alten Fotos aus der Epoche eine Stadtführung machen, die Hauptgasse hinab und auf der anderen Seite wieder herauf. An die Adresse von Museumdirektor Decrausaz liess er verlauten, dass der vorgegebene Zeitrahmen von 90 Minuten wohl kaum ausreichen werde. Die ersten Lacher hatte Kaufmann bereits vor Beginn der eigentlichen "Stadtführung" auf seiner Seite.
Was folgte war in der Tat eine Stadtführung ins Murten einer vergangenen Zeit. Beginnend mit der Umgebung von Murten und einem Blick vom Hügel Bodenmünzi auf Murten (siehe Foto unten). Die Saia war erst gerade noch im Begriff gebaut zu werden und die Quartiere Engelhard- und Visaulastrasse noch in weiter Ferne. Das Bahnhofbuffet hatte noch eine Outdoor-Kegelbahn auf dem Gelände wo heute die Post steht. Und das Quartier Schützenmatte war noch eine richtige Schützenmatte.

Den ländlichen Charakter von Murten wurde mit einem Blick auf den Söulimärit erwähnt. Auf dem Parkplatz neben dem Hotel Schiff fanden in den 50er Jahren regelmässig Ferkelmärkte statt. Die Landwirte der Umgebung kamen mit ihrem Fuhrwerk auf Platz und die Landwirte vom Vully kamen standesgemäss mit dem Boot an den Markt.

Schliesslich begann die eigentliche Stadtführung durch die Altstadt von Murten. Heinz Kaufmann erwähnte jedes Haus und Geschäft der Häuserzeilen und hatte immer wieder eine Anekdote parat. Das Publikum bestand mehrheitlich aus Murtnern, welche die Plätze und Geschichten kannten und zustimmend nickten und das eine oder andere Detail ergänzten.

Entgegen seiner eigenen Voraussage, hielt sich Kaufmann an den Zeitrahmen von 90 Minuten. Aber beim anschliessenden Apéro ging der Anlass in die "inoffizielle" zweite Halbzeit - und es wurde noch lange über die vergangenen Zeiten debattiert.
Video: Heinz Kaufmann führte kompetent und mit Witz durch den Abend
In der Folge einige Geschichten und Anekdoten aus dem Vortrag - erläutert anhand der alten Fotos
Beliebtes Strandbad

Das Strandbad Murten wurde anfangs des Jahrhunderts erbaut und erfreute sich in den 50er Jahren grosser Beliebtheit in der Region, weil es ein 1-Meter, 3-Meter und ein 5-Meter-Brett hatte. Heinz Kaufmann selber ist von allen drei Höhen runtergesprungen. Er erklärte auch, dass im Sommer in den verschiedenen Brunnen der Stadt gebadet wurde. Etwas das heute wohl nicht mehr denkbar wäre.
Autofreies Stedtli um 1900?

"Au Pas" oder im "Schritttempo" - Bereits in den 50er Jahren war der Verkehr in der Altstadt ein Thema. Auf der Seite vom Schloss machte ein Schild in französischer Sprache darauf aufmerksam, dass Pferdefuhrwerke und auch die wenigen Autos nur im Schritttempo durch die Stadt fahren dürfen. Interessantes Detail: auf der Berntor-Seite, hing das Schild nur in deutscher Sprache. "Für die Berner", wie Kaufmann lachend präzisierte. Er las noch ein Schriftstück aus dem Murtenbieter des Jahres 1900 vor, in welchem sich die Murtner darüber ärgern, dass die auswärtigen Krämer und Landwirte mit ihren Fuhrwerken im Eiltempo durch die Stadt bretterten. Dem Artikel war ausserdem zu entnehmen, dass "sich die Murtner schon zu wehren wüssten und dem unholden Treiben ein Riegel geschoben werde müsste." Dies könnte durchaus als ein erster Versuch für ein autofreies Stedtli gewertet werden.
Durchgehende Lauben

Die Lauben, wie wir sie kennen, sind erst seit 1976 durchgehend begehbar. In den 50er Jahren, waren die Laubengänge bei der Freiburger Kantonalbank und der La Brasserie verbaut, also geschlossen. Erst im Verlauf der Jahre, als die Häuser verkauft und umgebaut wurden, erzwang die Stadt, dass die Laubengänge wieder offen zu legen seien.
Bewährtes bleibt bestehen

Viele Geschäfte kamen und gingen im Verlauf der Zeit. Aus einer Vielfalt von verschiedenstartigen Lokalen "verkam" die Altstadt Murten langsam zu einer Stadt mit Boutiquen und Restaurants und wenigen anderen Geschäften. Die wenigsten Lokale der 50er Jahren bestehen heute noch. Ausser einigen Ausnahmen. So fällt auf, dass die Fassade und der Schriftzug der Bäckerei Aebersold seit den 50er unverändert daher kommt. Stil überlebt halt die Jahrzehnte. In der gleichen Häuserzeile sind auch noch der Mode Fuchs und die Apotheke Aebi, welche seit den 50er Jahren unverändert an derselben Stelle ihre Geschäfte haben.