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Mittelalterliches Münchenwiler

Die Hohen Damen und Herrn der Münchenwiler Kulturkommission luden zu einem dreitägigen Turnier – Vasallen und Gaukler, Untertanen, Spielleute und Pilger, gemein Volk, Musikantinnen, Folterknechte und tapfere Ritter folgten dem Ruf, und zwar in Scharen.

von Alexander Schroeter
am
In Münchenwiler wurde das Mittelalter eingeflogen.

Die Hohen Damen und Herrn der Münchenwiler Kulturkommission luden zu einem dreitägigen Turnier – Vasallen und Gaukler, Untertanen, Spielleute und Pilger, gemein Volk, Musikantinnen, Folterknechte und tapfere Ritter folgten dem Ruf, und zwar in Scharen.

Ein Blick über die Felder nordwestlich des Schlosses Münchenwiler alleine genügte, um den Erfolg des Spektakels zu belegen: Da entdeckte man eine unermessliche Anzahl von Kutschen aller Art: Landauer, aber auch wendige Jagdwagen sowie den einen oder andern luxuriösen Vis-à-Vis. Und auch die Planwagen durften nicht fehlen. Es war unglaublich viel Volk von weit, weit her angereist. Die Landsknechte in ihren leuchtenden Schutzrüstungen wurden selten so gebraucht und platzierten die Kutschen vorbildlich.

Welch ein Treiben dann aber um das Schloss herum! Erinnerungen an die legendären Turniere in Landshut im Jahr des Herrn 1475 oder an das kaiserliche Turnier zu Nürnberg anno 1491 kamen einem spontan in den Sinn.

Neben den wichtigen Programmpunkten, dem Ringen der bewaffneten Ritter um den Sieg und die Gunst des Publikums, hielten unzählige Marktleute ihre Ware feil: Schmuck und Waffen, Trinkbares und andere Köstlichkeiten. Marktbesucher*innen mit einem reinen Gewissen und einer sauberen Weste durften sich gar probehalber den verschiedensten mittelalterlichen Foltermethoden hingeben.

Manche junge Waffenträgerin und zahlreiche kleine Knappen durften ihren ersten Schwertstreich ausführen. Aber auch Einblick in verschiedene alte Handwerke wurde geboten. Und nicht selten staunte man, dass wir auch vieles ohne motorisierte Maschinen könnten. Etwa Drechseln mit einer Drehbank mit Fusspedal.

Die drei Tage des Mittelalterspektakels in Münchenwiler liessen die Besucher*innen auf alle Fälle in eine Welt eintauchen, die oszilliert zwischen Vertrautem und Fremdartigem. Mehr als ein kleiner Einblick in eine Epoche, die sich über 1000 Jahre erstreckte, kann in einem solchen Rahmen nicht geboten werden. DAS Mittelalter gab es ohnehin nicht – aber auch das wurde in Münchenwiler sichtbar, wenn man die unterschiedlichen Outfits der Leute studierte: von kelto-romanischer Kleidung bis zu Rüstungen aus der Zeit, da sich das Mittelalter dem Ende zuneigte, sah man wohl alles.

In vielen Punkten hat sich die Menschheit seither weiterentwickelt: Folter gibt es nicht mehr, Waffen sind aus unserer Gesellschaft verschwunden, Gewalt, Schlachten und Kriege kommen zur Konfliktlösung nicht mehr zur Anwendung… – Oder: sind wir eben wieder im Mittelalter gelandet?