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Eingemachtes im Hofladen: Das Wissen unserer Grosseltern als Geschäftsmodell

Im Zuge einer zunehmenden Sensibilisierung für Themen wie Food-Waste und gesunde Ernährung, gewinnt das Haltbarmachen von Lebensmittel wieder an Bedeutung. Auch in der Region gibt es Anbieter von eingemachten Spezialitäten.

von Rainer Menning
am
Eingelegte Baumnüsse - eine weitgehend noch unbekannte Delikatesse.

Im Zuge einer zunehmenden Sensibilisierung für Themen wie Food-Waste und gesunde Ernährung, gewinnt das Haltbarmachen von Lebensmittel wieder an Bedeutung. Auch in der Region gibt es Anbieter von eingemachten Spezialitäten.

Gemüse und Früchte haltbar machen und dann während dem langen Winter hindurch aufbrauchen, wurde bereits lange bevor Foodwaste und Selbstversorgung Modebegriffe wurden, von unseren Grosseltern praktiziert. Gegen Ende des letzten Jahrhunderts gerieten diese Techniken etwas in Vergessenheit. Die Rund-um-die-Uhr-Verfügbarkeit von Lebensmitteln in den Grossverteilern liess die Notwendigkeit vom Haltbarmachen eigener lokaler Lebensmittel etwas ins Hintertreffen geraten.

Zurück zum Regionalen

Im Zuge einer bewussteren und auch bewusst regionaleren Ernährung hat das Haltbarmachen von Lebensmittel in den letzten Jahren einen regelrechten Boom erlebt. Die Pandemie und auch die vermehrt aufkommenden kriegerischen Auseinandersetzungen haben den Menschen bewusst gemacht, wie fragil die globalisierten Lieferketten von einem Tag zum anderen werden können. Ein Zurück zum Regionalen, zum Guten entlastet nicht nur die Umwelt. Sie fördert auch die lokale Landwirtschaft, das gesellige Zusammen sein, den Austausch mit Gleichgesinnten und vieles mehr.

Beim Profi nachgefragt

Das Haltbarmachen von Lebensmittel beginnt vom einfachen Tröcknen und Einlegen in Öl bis hin zum etwas komplizierteren Vorgang des Fermentierens. Hurni Gemüse aus Kerzers betreibt einen der grösseren Gemüse- und Früchteanbaubetriebe der Region. Auf über 50 Hektaren werden unter anderem Tomaten, Nüsslisalat, Erdbeeren, Salate und Zucchetti angebaut. Je nach Saison arbeiten auf dem Betrieb zwischen 35 und 70 Angestellte. Neben dem Verkauf von Frischgemüse bietet Hurni Gemüse auch Eingemachtes und Selbstgemachtes im Hofladen an.

Wir haben Thomas Hurni und Rahel Zesiger zum Gespräch gebeten, um mehr über das Haltbarmachen von Früchten und Gemüsen zu erfahren.

Thomas Hurni und Rahel Zesiger von Hurni Gemüse Kerzers.

Wie kam es zur Idee, Selbstgemachtes/Eingemachtes zu verkaufen?
Thomas Hurni: Wir betreiben den Hofladen und den Selbstpflück-Garten «Pflück dis Glück» nun im dritten Jahr. Gemüse bauen wir bereits seit 24 Jahren an. Die Idee zum Haltbarmachen kam uns, damit wir ein längeres Zeitfenster haben. Nach dem Ernten bleibt Gemüse je nach Sorte noch drei bis vier Tage frisch, bei den Beeren ist es lediglich ein Tag, dann muss die Ware weggeschmissen werden. Um diesen Verkaufsdruck etwas zu mildern, haben wir beschlossen, die überschüssige Ware weiterzuverwerten.

Rahel Zesiger: Erdbeeren, welche am Abend nicht verkauft werden konnten, werden zu Konfitüren oder Sirup verarbeitet. Das bedeutet für uns zwar etwas mehr Arbeitsaufwand und Energie, aber so kann  Foodwaste vermindert werden.

Was umfasst das Sortiment des Hofladens - neben frischem Gemüse?
Rahel Zesiger: Wir bieten verschiedene Konfitüren und Sirups an; sowie auch getrocknete Apfelringli.. Zurzeit sind gerade die Curry-Zucchetti sehr gefragt – etwa für Raclette. Wir bieten auch eingemachte Schwarze Baumnüsse an. Es ist eine Rarität, welche nicht viele Läden anbieten.

Zurzeit der Verkaufsschlager im Hofladen - Zucchetti-Curry

Welches Produkt ist der Renner?
Thomas Hurni: Konfitüren und Sirups laufen immer gut. Unsere Spezialität sind sicher die eingemachten Schwarzen Baumnüsse. Solche Produkte bereichern das Angebot unseres Hofladens .

Nach welchen Kriterien wird das Sortiment zusammengestellt?
Thomas Hurni: Wir bieten vor allem Produkte an, die aus eigenem Anbau stammen. Aktuell bauen wir rund 20 verschiedene Beeren und Früchtesorten an, welche Teils auch im Selbstpflückgarten verfügbar sind. Dieses Produkte-Sortiment bestimmt das Angebot, welches wir im Hofladen anbieten können.  Unser Hofladen befindet sich aber erst noch im Aufbau. Wir sind am Ausprobieren, was funktioniert und was nicht. Nächste Woche fahren wir nach Berlin auf eine Messe, eventuell sehen wir dort einen neuen Trend, wer weiss.

Einige Produkte aus dem Angebot des Hofladens

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Zulieferbetrieben?
Thomas Hurni:  Es sind oft spontane Aktionen mit Nachbarn oder Kollegen. Falls jemand einen Überschuss an Ware hat, versuchen wir, diese hier im Hofladen anzubieten. Wir möchten möglichst regional zu bleiben, so bleibt es überschaubar.

Wie erklären sie sich den Boom zum Haltbarmachen von Lebensmitteln?
Rahel Zesiger: Während der Pandemie hatten die Leute viel Zeit. Ich denke, so kam es zu einer Rückbesinnung auf die Werte, die früher einmal wichtig waren. Als wir Kinder waren, war die Konfitüre der Grossmutter doch immer die Beste. Während der Pandemie hatten die Leute dann die Zeit und Musse, solche Dinge auszuprobieren. Ausserdem hat es mit einem neuen Gesundheitsbewusstsein zu tun. Selbstgemachtes beinhaltet keine unnötigen Zusatzstoffe und ellenlange Listen von E-Nummern.

Worin besteht der Reiz Selbstgemachtes anzubieten?
Thomas Hurni: Ich finde es interessant, mit den anfallenden Produktionsmengen zu spielen. In der Landwirtschaft ist nicht alles planbar. Das Wetter beeinflusst die Erntemengen, die Natur hat ihren eigenen Rhythmus. Falls wir grosse Mengen an Frischgemüse oder Früchten haben, können wir Aktionen anbieten. Bei Tomaten hat dies im letzten Jahr hervorragend geklappt. Im Gegensatz zu den Grossverteilern, welche die Aktionen bereits vor der Saison fix einplanen, können wir rasch auf Produktionsspitzen reagieren und diese gezielt mit Aktionen abbauen.

Das Sortiment des Hofladens wird ständig erweitert.