uR Kids: Das Geheimnis der verschwundenen Wunscherfüllungskraft - Kapitel 23
Der rätselhafte Kompass
Der rätselhafte Kompass
Joels Hand zitterte immer noch, als er den schwarzen Schlüssel ins Schloss steckte und drehte. Einen Moment lang passierte wieder nichts. Doch dann hörten sie ein leises Klicken und das Schloss öffnete sich.
Im Inneren des Steins lag ein Kompass. Joel nahm ihn vorsichtig heraus.
«Was ist das?» flüsterte er fasziniert.
Denn es war kein gewöhnlicher Kompass. Anstelle der üblichen Himmelsrichtungen zeigte er fünf Symbole.
Pippa musterte das komische Gerät. «Er zeigt ja gar keine Himmelsrichtung...», sagte sie nachdenklich.
Joel sah genauer hin: Statt eines Zeigers, der nach Norden wies, gab es eine schmale silberne Feder, die zwischen fünf kleinen Symbolen hin und her zuckte: einer schwarzen Schildkröte, einem grünen Auge, einem roten Herz, einer gelben Balkenwaage und einer weissen Träne.
«Aber wohin sollen wir jetzt gehen? Der Kompass zeigt uns ja keinen Ort», fragte Joel ratlos.
«Vielleicht gibt er uns unterwegs Hinweise…», sagte Pippa.
Joel nickte. «Du hast recht, lass uns weitergehen.»
Also setzten sie ihren Weg fort, den Blick fest auf den Kompass gerichtet. Joel stolperte einige Male über grosse Wurzeln, weil er die zitternde Feder auf dem Kompass nicht aus den Augen verlieren wollte. Auch Pippa war so in den Kompass vertieft, dass sie ein paarmal beinahe gegen dicke Bambusrohre flog.
Nach einer Weile zeigte die silberne Feder zwischen zwei Symbolen geradeaus, so, als ob sie auf etwas in der Ferne deutete. Joel hielt abrupt an.
«Warte mal...», sagte er und kniff seine Augen zusammen, während er den Kopf hob. «Siehst du das dort hinten, Pippa? Dort glitzert etwas!»
Pippa riss ihren Blick vom Kompass los und flog ein Stück weiter, bevor sie aufgeregt rief: «Der Murtensee!»
Kaum hatte sie das gesagt, schoss plötzlich ein grosser schwarzer Vogel über ihre Köpfe hinweg. In seinen Flügeln schimmerten einzelne silberne Federn.
Joel duckte sich instinktiv und Pippa flatterte erschrocken zurück. «Huch!», quiekte sie. «Was ist das für ein Vogel?”
«Ich weiss nicht», sagte Joel, der gebannt nach oben schaute. «Aber schau dir seine Federn an!»
Der Vogel drehte eine enge Kurve und flog dann direkt auf Joel und Pippa zu. Seine Flügel glänzten und ein weisser Schopf aus abstehenden Federn zierte seinen Hinterkopf. Sein gebogener gelber Schnabel sah gefährlich aus.
Pippa kroch in Joels Kragen und kuschelte sich ganz dicht an seinen Hals.
«Was hat er ‘mor vit’ uns?» flüsterte Joel mit einem mulmigen Gefühl im Bauch.
«Vielleicht hat er Hunger?» flüsterte Pippa ängstlich.
Joel lief ein Schauer über den Rücken.
Plötzlich stürzte der schwarze Vogel mit einem schrillen Schrei hinunter und landete direkt vor Joel. Seine grossen Flügel wirbelten dabei Schnee auf, der wie glitzernde Funken in der Luft tanzte. Die scharfen Krallen des Vogels gruben sich in den schneebedeckten Boden. Mit seinen funkelnden Augen sah er Joel an.
Bevor Joel reagieren konnte, krächzte der Vogel: «Ich bin Kormi, der Kormoran – man nennt mich auch den fliegenden Fischer.» Stolz fügte er hinzu: «Ich weiss, wonach ihr sucht…».
Joel und Pippa starrten ihn überrascht an. Leo hatte von einem fliegenden Fischer gesprochen…
«DU hast den schwarzen Schlüssel gefunden…», sagte Joel unsicher. «Danke!»
«Bitteschön». Kormi breitete seine Flügel aus, als wollte er etwas Wichtiges sagen. «Ich kenne die Geheimnisse dieses Ortes», erklärte er mit wissendem Blick. «Das, was ihr sucht, ist nicht weit von hier. Folgt mir!»
Joel und Pippa folgten Kormi, bis sie schliesslich aus dem Schatten des Bambus heraustraten und das Ufer des glitzernden Murtensees erreichten. Auf den Wellen schaukelte das alte Schiff.
«Das Schiff!» rief Joel. «Es wartet auf uns!»
Pippa flatterte aufgeregt voraus, doch Kormi hielt sie mit einem seiner grossen Flügel zurück.
«Nicht so schnell, Madame…», krächzte er mit erhobenem Schnabel und sah sie eindringlich an…
Morgen: Das letzte Geheimnis
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