Retter aus der Luft: Wie Multikopter junge Wildtiere vor dem Mähtod bewahren
Hightech trifft Naturschutz zur Rettung von Jungtieren
Hightech trifft Naturschutz zur Rettung von Jungtieren
Die Rettung von Jungtieren während der Mähsaison ist eine Herausforderung im Artenschutz. Traditionelle Methoden wie das Absuchen der Felder zu Fuss sind oft zeitintensiv und nicht immer erfolgreich. Mit dem technologischen Fortschritt der letzten Jahre hat sich eine neue, effektive Methode etabliert: der Einsatz von mit Wärmebildkameras ausgestatteten Drohnen, auch bekannt als Multikopter.
Bereits in den frühen Morgenstunden beginnt die Arbeit der Multikopter der Rehkitzrettung SenSee. Ausgestattet mit modernster Technologie fliegen diese unbemannten Fluggeräte über Wiesen und Felder, um Rehkitze vor den scharfen Klingen der Mähmaschinen zu schützen. Auch diese Saison konnten dank der präzisen und effizienten Überwachung aus der Luft schon mehrere Kitze gerettet werden.
Der folgende Artikel gibt einen Einblick in eine solche Rettungsaktion und veranschaulicht, wie der Einsatz von Drohnen Leben rettet und die Arbeit von Landwirtinnen und Landwirten unterstützt.
Vorteile der Drohnentechnologie
Der Einsatz von Drohnen und Wärmebildkameras bietet zahlreiche Vorteile gegenüber traditionellen Methoden. Einer davon ist die präzise und schnelle Suche, die dazu beiträgt, die Überlebenschancen der Tiere zu erhöhen. Rehkitze können auch in hohem Gras gut erkannt und die Rettungsteams präzise zu den Fundorten navigiert werden.
Der Einsatz des Multikopters schont auch menschlichen Kräfte: in 20 Minuten lässt sich ein durchschnittliches Feld von zwei bis drei Hektar absuchen - Anfahrt, Auspacken und Einrichten des Equipments eingerechnet.
Ausserdem gibt es kein unnötiges Niedertrampeln von Gras, da man das Feld nur dann betritt, wenn ein Lebewesen auf dem Monitor zu sehen ist.
Optimierte Flugstrategien
Die gewählte Flughöhe ist abhängig von der gesuchten Wildtierart: Junghasen und Bodenbrüter haben eine deutlich kleinere Wärmesignatur als Rehkitze und sind häufig von Gras überdeckt. Bei der Suche nach ihnen wird in geringerer Höhe geflogen als bei der Suche nach Rehkitzen.
Die Flughöhe des Multikopters richtet sich zudem nach dem Feld, normalerweise beträgt sie 50 Meter. Mit einer Wärmebildkamera mit niedriger Auflösung kann man jedoch höchstens 25 bis 30 Meter hoch fliegen, um etwas zu erkennen. Die Gefahr, mit Bäumen oder Freileitungen zu kollidieren ist gross und man muss mehr Bahnen fliegen.
Ausbildung für den Umgang mit Spezialdrohnen
Die Rettung von Rehkitzen mit Drohnen erfordert eine Ausbildung mit einer Prüfung. Dabei werden theoretisches Wissen, technische Fähigkeiten sowie rechtliche Aspekte vermittelt - eine solche Drohne ist kein Spielzeug.
Die Kosten für die Multikopter-Technik sind hoch: eine gute Drohne mit Wärmebildkamera, ausreichend Akkus und Bildschirm kostet 8000 bis 10'000 Franken. Mit einer Spende unterstützen Sie den Kauf und Unterhalt von Drohnen, die bei den freiwilligen Einsätzen der Rehkitzrettung unverzichtbar sind.
Zusammenarbeit: Schlüssel zum Erfolg
Rehkitzrettung ist Teamarbeit, alle Involvierten bleiben permanent in Kontakt, bis die Rettung und das Mähen vollständig abgeschlossen sind.
Die Rehkitzrettung mit Multikoptern beginnt bereits vor dem Mähen der Wiesen. Die Landwirtin oder der Landwirt kontaktiert die zuständige Jagdperson, welche die Rettungseinsätze koordiniert. Die zu mähenden Wiesen werden dann mit verschiedenen Signalen für die Rehgeiss markiert: Stangen mit Gefahrensignalen wie beispielsweise Säcke, Duftstoffe, Lampen, Aluminiumstreifen oder Tücher werden aufgestellt.
Damit soll der Rehgeiss die akute Gefahr klargemacht werden und sie kann ihre Jungtiere in ein benachbartes Feld oder in einen anderen geschützten Bereich bringen.
Am Vorabend des Mähtages oder direkt vor Ort wird die Fläche des Feldes auf einem Tablet oder PC aufgerufen und die Flugbahn programmiert. Die Flugbahnen sind so konzipiert, dass die Flächen per Autopilot systematisch abgesucht werden und kein Bereich der Wiese ausgelassen wird. Die Überlappung der Bahnen wird dabei so gewählt, dass Tiere auf dem Hin- und Rückweg erfasst werden.
Präzise Koordination für effektive Suche
Am vereinbarten Tag werden die zu mähenden Flächen morgens zwischen 4 und 8 Uhr systematisch mit den Multikoptern abgesucht. Bei bedecktem Himmel kann das zeitliche Suchfenster erweitert werden. Sobald das Feld jedoch aufwärmt und die Bodentemperatur über 18 Grad steigt, sind Temperaturunterschiede zwischen Rehkitz und Boden kaum mehr ersichtlich und die Tiere sind nicht oder nur noch schlecht erkennbar.
Wird ein Wärmepunkt, sprich ein Tier, ausgemacht, lässt der Pilot oder die Pilotin die Drohne oberhalb des Rehkitzes stehen und wartet, bis das Rettungsteam das Kitz gesichert hat.
Sichere Bergung und Schutz der gefundenen Tiere
Die Helferinnen oder Helfer begeben sich in Richtung Drohne und sehen dabei den gefundenen Wärmepunkt, sowie auch sich selbst auf einem Bildschirm, den sie mit sich tragen. So müssen die Rehkitze nicht mehr gesucht, sondern es kann unter Anleitung via Funkgerät zu ihnen hin navigiert werden. Währenddessen behält die Drohnenpilotin oder der Drohnenpilot Drohne und Helfende im Auge.
Die gefundenen Rehkitze werden mit einer Kiste auf der Wiese zugedeckt, damit sie nicht vom Mähwerk erfasst werden. Die Kiste wird mit Gras oder Ästen beschattet, mit einem am Feldrand deponierten Stein beschwert und mit einem ebenfalls im Voraus bereitgestellten mobilen Zaunpfahl in der hohen Wiese markiert. Alternativ dazu kann das Rehkitz auch in der Kiste an den Waldrand oder auf ein benachbartes Feld getragen werden.
Rehkitze niemals mit den Händen anfassen!
Rehkitze sind geruchlos und damit unriechbar für Füchse und andere Feinde. Damit das so bleibt, dürfen die Tiere nur mit Grasbüscheln angefasst werden, niemals mit den Händen! Rehkitze sind weder Spielzeug noch Streicheltiere!
Nach getaner Mäharbeit wird die Kiste sofort entfernt und Rehkitz und Mutter finden durch Rufe wieder zueinander.
Nachhaltige Praktiken für den Tier- und Artenschutz
Voraussetzung für erfolgreichen Tier- und Artenschutz beim Mähen ist und bleibt lokales Engagement und ein guter Draht zwischen Landwirtinnen oder Landwirten und Helfenden - Nur durch gemeinsame Anstrengungen kann der grausame Mähtod von Jungwild vermieden werden.
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