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Vermischtes /Kommentar
Karin Ledermann

In Zeiten wie diesen – berührungslos

Wie verändert sich unser Leben in der Zeit von Corona? Unsere Regionauten berichten darüber. In diesem Beitrag erzählt Karin Ledermann von Gesprächen mit Freunden.

Wie verändert sich unser Leben in der Zeit von Corona? Unsere Regionauten berichten darüber. In diesem Beitrag erzählt Karin Ledermann von Gesprächen mit Freunden.

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Am Ostermontag telefonierte ich mit einer Bekannten. Sie ist Single, Mitte fünfzig, eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Sie hält sich an die Empfehlungen (Befehle) des Bundesrates und somit verbrachte sie Ostern daheim. Weitgehend allein. Wenn Sie sich mit jemandem auf einen Spaziergang trifft, wird der Abstand von zwei Metern eingehalten. "Ich vermisse", erzählte sie, "Berührungen. Ein Händedruck, die Umarmung eines Freundes, eine Freundin, die mir die Hand auf die Schulter legt, die Kinder, die ich umarmen oder kitzeln darf. Ich vermisse, dass mir jemand in die Augen schaut, denn mir scheint, dass viele meinen, dies zu vermeiden gehöre zum Social Distancing mit dazu. Und ich stelle fest, dass man die Empfehlungen in keiner Art und Weise in Frage stellen darf, sonst wird man als Egoist oder Schlimmeres beschimpft."
 
Das Gespräch stimmte mich nachdenklich. Umso mehr, als mir am selben Tag ein Bekannter, Mitte achtzig, berichtete, er fühle sich extrem einsam. Er verbringe die Tage alleine in seiner Wohnung, er sehe praktisch niemanden mehr, telefonieren sei schwierig, da er schwerhörig sei und wenn er sich draussen auf eine Bank setze, handle er sich unwillige oder gar zornige Blicke ein. Was er, wie er meinte, verstehe, denn schliesslich blieben die Jungen ja gerad der Alten wegen daheim.
 
Daheimbleiben, Distanz wahren, keine Berührungen, kaum Begegnungen.
 
All dies muss im Moment offenbar sein. Aber wir dürfen darob nicht die Menschlichkeit und die Bedürfnisse der Menschen aus den Augen verlieren. Begegnung, Berührung und Austausch gehören zu unseren Grundbedürfnissen und wenn wir gesund aus dieser Krise herausfinden wollen, muss ihnen über kurz oder lang in irgendeiner Form Rechnung getragen werden, und ich denke, auch kritische Meinungsäusserungen müssen in unserer Demokratie – und ganz speziell heute - noch immer ihren Platz haben.

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