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Bezahlbarer Wohnraum – Der Verein ist gegründet

Am vergangenen Donnerstag wohnten rund dreissig Personen der Gründungsversammlung des jüngsten Vereins in der Region Murten bei. Damit besteht ein erster regionaler ’Think-Tank’ rund um die Themen Wohnen, Wohnformen und das Wohnen in der Zukunft.

von Alexander Schroeter
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Führten gemeinsam durch den Abend: Referent Martin Tschirren, Direktor des Bundesamtes für Wohnungswesen, Pascal Känzig und Stephan Haymoz, die neu gewählten Co-Präsidenten des Vereins, und Olivier Curty, Staatsrat (v.l.n.r.) (Foto: Julia Senti)

Am vergangenen Donnerstag wohnten rund dreissig Personen der Gründungsversammlung des jüngsten Vereins in der Region Murten bei. Damit besteht ein erster regionaler ’Think-Tank’ rund um die Themen Wohnen, Wohnformen und das Wohnen in der Zukunft.

Nach zwei Workshops und verschiedenen intensiven Vorbereitungsarbeiten (siehe auch UnsereRegion: Im Februar wird’s ernst: IG «Wir wohnen hier» wird gegründet) war alles bereit für die Gründungsversammlung: Ein Statutenentwurf lag vor, die Website war in Betrieb und das Tagespräsidium konnte mit Staatsrat Olivier Curty prominent besetzt werden.

Tagespräsident Olivier Curty blickt gespannt zum Referenten und Spezialist in Sachen Wohnen in der Schweiz, Martin Tschirren. (Foto: asr)

Curty gab in seinem Grusswort sowohl seiner Besorgnis als auch seiner Freude Ausdruck: Besorgnis über die Wohnraum-Situation im Kanton, um die es, wenn auch mit regionalen Unterschieden, nicht rosig stehe. Umso mehr freue es ihn, dass der neue Verein eine ‘liberale’ Lösung zur Minderung dieses Problems vorschlage. Liberal in dem Sinne, dass der Verein alle möglichen Player – Mieterinnen und Mieter, die Politik, mögliche Bauherrschaften, Personen aus der Architektur- und Raumplanungsbranche – zusammenbringe und so Seilschaften zum gemeinsamen Lösen des Problems gebildet werden können.

Ein Volk zur Miete

Wie an diesem Abend mehrfach erwähnt wurde: Wohnen ist meist der grösste Posten im Haushaltbudget. Und die Schweiz ist ein Volk von Mieterinnen und Mietern: gegen 60% wohnen zur Miete.

In seinen Ausführungen konnte Martin Tschirren, Direktor des Bundesamtes für Wohnungswesen, mit interessanten Details die Situation illustrieren: Als Gradmesser für die Wohnungsknappheit in der Schweiz gilt der so genannte Leerwohnungsstand. Dieser sollte nicht unter 1 Prozent fallen – aktuell steht er bei 1,15 Prozent, also knapp im grünen Bereich. Zwei Faktoren führen dazu, dass sich die Wohnungsknappheit in den nächsten Jahren ohne Gegenmassnahmen zunehmend verschärft: Da ist einerseits die Tendenz zu kleineren Haushalten und andererseits die Zuwanderung.

Leerwohnungsstand als Indikator für den Wohnungsmarkt: Ohne einen gewissen Teil an leeren Wohnungen wäre kein Umziehen möglich – wie beim 15er-Spiel: ohne Lücke keine Bewegung. (Foto: https://library.ethz.ch)

Dass die Politik gefordert ist, hier an Lösungen mitzuarbeiten – etwa durch das Schaffen guter Rahmenbedingungen für bezahlbaren Wohnungsraum, lässt sich direkt aus der Bundesverfassung ableiten, wie Tschirren aufzeigte.

Alle Staatsebenen gefordert

Tschirren zeigte in der Folge verschiedene Möglichkeiten, wie speziell auch die Gemeinden aktiv werden können. So mag ein Gemeinde-Leitbild zur Thematik ‘Wohnen’ dienlich sein, um zu einer Verbesserung der Situation beizutragen. Zum Beispiel, indem eine Gemeinde sich bereiterklärt, einer Genossenschaft Land im Baurecht abzutreten. Dies als gezielte Ergänzung zum freien Markt im Wohnungsbau, aber mit der Absicht, als Gemeinde so zu einer gesunden sozi-ökonomischen Durchmischung der Bevölkerung und zum sozialen Frieden beizutragen.

Wenn er’s nicht weiss, wie es um die die Wohnungssituation in der Schweiz steht, dann weiss es wohl niemand: Direktor des Bundesamtes für Wohnungsbau Mertin Tschirren. (Foto: Julia Senti)

Manche Gemeinde ist daran interessiert, Firmen und Arbeitsplätze auf ihrem Gebiet anzusiedeln. Sie sollte aber parallel dazu, wie Curty bemerkte, auch ein hohes Interesse daran haben, den künftigen Arbeiterinnen und Arbeitern Wohnungen zur Verfügung stellen zu können. Wohnraumförderung ist also kein ‘nice to have’, sondern nicht zuletzt ein wichtiger Beitrag zur Wirtschaftsförderung. Und darüber hinaus eine Massnahme, um Arbeitswege zu verkürzen und Pendlerströme zu reduzieren.

Solche und weitere Themen rund um das Wohnen will nun der neugegründete Verein vertiefen. Kurz zusammengefasst geht es einerseits um die Förderung von Projekten, die bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, andererseits aber auch um das Ermöglichen von anderen Formen des Zusammenlebens. So soll besonders das Zusammenleben verschiedener Generationen gefördert werden. Weitere Infos lassen sich der Website www.wirwohnenhier.ch entnehmen.

Keine Veranstaltung des Architektur-Magazins Hochparterre

Stefan Haymoz stellte bei seinen Begrüssungsworten mit Blick in die Runde augenzwinkernd fest, dass Leute aus der Architekturbranche besonders zahlreiche der Einladung folgten. Es freute ihn, dass sich offenbar viele Kolleginnen und Kollegen auf die Diskussionen über diese brennenden Fragen des Wohnens in der Zukunft einzulassen bereit sind.

Vor gut gefüllten Reihen: Breites Interesse an der Frage rund um Wohnungen und Wohnen. (Foto: Julia Senti)

Auf jeden Fall: Der Verein wurde einstimmig gegründet und der vierköpfige Vorstand – bestehend aus Andrea Rüegg, Alexa Dürig, Pascal Känzig und Stephane Haymoz – mit Applaus gewählt.

"Mier hei e Verein…"

Wer etwa selbst schon die Erfahrung gemacht hat, für sich, seine "flügge" gewordenen Jungen oder die älter werdenden Eltern eine bezahlbare Wohnung in der Region Murten zu finden, weiss, wie es um die Sache steht: Es ist, gelinde gesagt, nicht einfach. Wer darüber hinaus motiviert ist, etwas an dieser Situation zu ändern, der ist beim Verein "Wirwohnenhier" an der richtigen Adresse.

Die Anmeldung lässt sich einfach bewerkstelligen unter: www.wirwohnenhier.ch.