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Politik /Leserbrief
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Der Wolf geht um

Kennen Sie noch das Märchen vom Wolf und den sieben Geisslein? Der Wolf erschleicht sich mit List den Zugang zu den alleine gelassenen sieben Geisslein und frisst deren sechs. Oder das Märchen vom bösen Wolf und Rotkäppchen? Oder der Wolf und die drei Schweinchen? Der Wolf ist in unserer Kulturgeschichte, in jedem Märchen, Erzählung oder Film der Inbegriff des Bösen. Wir saugen quasi schon mit der Muttermilch auf, dass dem Wolf nicht zu trauen ist. Er ist die Personifizierung des Schrecklichen und Bedrohlichen. Ihm wird unterstellt, hinterlistig und blutrünstig zu sein. In unserer Kulturgeschichte ist er direktes Symbol der Unberechenbarkeit. Er hat als Mörder und Bösewicht schon während Jahrhunderten eine tiefe Verwurzelung in der Populärkultur, wie etwa der Wolf im Schafspelz oder die Horrorfigur des Werwolfs. Der Wolf schürt Angst und fasziniert zugleich.

Die Diskussionen und der Streit um die Daseinsberechtigung des Wolfes dauert an, seit er seine Pfoten auf Schweizer Boden gesetzt hat. Regelmässig kommt er in die Schlagzeilen und wird angeklagt, unter Schafen ein Blutbad angerichtet zu haben oder sich Häusern und Gärten genähert zu haben. Ein grosser Teil der Schafe wird im Sommer auf den Alpen sich selbst überlassen, unbewacht ohne Hirten und Schutzhunde. Jährlich sterben schweizweit ca. 4000 Schafe an Krankheiten, Absturz, Stein- und Blitzschlag und Wolfsrisse. Wolfsrisse sind ca. für 400 tote Schafe (10 Prozent) verantwortlich.

Seit der Einwanderung des Wolfes wurde noch nie ein Mensch von einem Wolf bedroht, verletzt oder gar getötet; die Wahrscheinlichkeit, auf einer Wanderung von einer wütenden Kuh angegriffen zu werden, ist sehr viel höher. Wölfe sind ein wichtiger Teil unserer Natur, sie regulieren das Leben in den Wäldern und Alpen, verhindert den Wildverbiss junger Bäume und Pflanzen durch Rehe und Hirsche. Mit einem erleichterten Abschuss der Wölfe wird gleichzeitig auch unsere Bemühungen um Biodiversität, Artenschutz und Verständnis für Wildtiere abgeschossen.
 
Monika Bénayat, Lugnorre
Co-Präsidentin Grüne See