Go back

Wie eine Betriebswirtschafterin zur Märchenerzählerin wurde

von Karin Ledermann
am

Nicole Viviane Chuard ist Geschäftsführerin des Business Ateliers und des atelier mala, sie bringt Tätigkeiten unter einen Hut, die beim ersten Hingucken nicht zusammenzupassen scheinen. Daher fünf wissbegierige Fragen an die vielseitige Geschäftsfrau.

Wie kommt eine Betriebswirtschafterin zur Kunsttherapie und wird Märchenerzählerin?

Nach neunzehn Jahren als Wirtschaftswissenschafterin war es Zeit für Nicole, neue Wege zu gehen. Als Kind eine begeisterte Malerin, verlor die Kreativität im Beruf lange an Bedeutung. Mit dem Wiederentdecken dieser Leidenschaft wuchs der Wunsch, kreativ zu arbeiten und sie entschloss sich zur Ausbildung zur Kunsttherapeutin. Im Laufe dieser Schulung reifte die Idee, dass Märchen eine wunderbare, zusätzliche Möglichkeit in der therapeutischen Arbeit böten. Märchen schildern oft 'Heldenreisen', das heisst, der (scheinbar) Dümmste, Kleinste, Schwächste, Gutmütigste, Hässlichste 'gewinnt' am Ende aufgrund seiner Freundlichkeit, seines Grossmuts, seiner Unerschrockenheit. Märchen können den Zuhörer ermutigen, die eigenen Werte und Fähigkeiten zu erkennen.

Passen Märchen, Kunsttherapie und Betriebswirtschaft zusammen?

2014 gründete Nicole das Malatelier, das - nebst der Therapiearbeit - ein vielseitiges Kursangebot offeriert. Im Business Atelier coacht sie Therapeut*innen, Unternehmer*innen und unterstützt sie auf dem Weg in die berufliche Selbständigkeit. Sie wählt dabei gerne auch kreative Ansätze, um damit einen anderen Zugang zu scheinbar 'trockener' Materie zu schaffen. Als gestandene Betriebsökonomin ist sie für diese Begleitung gut gerüstet, ihre fundierten Fachkenntnisse erweisen sich im Bereich Coaching als äusserst wertvoll. Das Märchenerzählen allerdings entwickelte sich zu einem eher eigenständigen Geschäftszweig.

2014 gründete Nicole Viviane Chuard das Malatelier, das - nebst der Therapiearbeit - ein vielseitiges Kursangebot offeriert.

Richten sich Märchen nicht vorwiegend an Kinder?

Nein, überhaupt nicht. Märchen sind in allen Kulturkreisen und auf allen Kontinenten verwurzelt, sie erreichen gleichermassen Gross und Klein. Sie berichten von wundersamen Begebenheiten, von Hexen und Zwergen, sprechenden Tieren, Armut, Neid, Gier, es sind Metaphern. Die Geschichten enthalten tiefe, universelle Weisheiten. Das Faszinierende ist, dass diese, teilweise Jahrhunderte alten Geschichten, Menschen jeden Alters berühren und heute aktueller denn je zu sein scheinen.

Wo und wann erzählen Sie Märchen?

In der Kunsttherapie kommen sie weniger zum Einsatz, als ursprünglich gedacht. Man kann Nicole jedoch als Erzählerin (zertifiziert Märchenerzählerin Mutabor Lützelflüh) engagieren. Eine besondere Freude sind ihr die Adventsgeschichten, die heuer leider nicht in der weihnächtlichen, magischen Waldstimmung, abseits von Rummel und Hektik, im Galmhüttli vorgelesen werden. Die persönlichen Begegnungen und das besinnliche Ambiente in der Hütte fehlen Nicole. Auf die Märchen zu verzichten, ist aber keine Option! Eine Audio-Version der Adventsgeschichten gibt es also auch dieses Jahr wieder.

Wie erleben Sie die aktuelle Situation?

Eine herausfordernde Zeit, zweifellos auch für sie. Audio-Geschichtenerzählerin zu sein, ist zudem eine völlig neue Erfahrung: Töne einspielen, im stillen Kämmerchen lesen, keine direkten Reaktionen einfangen, nicht im Dialog sein... Doch Nicole bleibt optimistisch und neugierig. In der 'Tontechnik-Disziplin' gibt es reichlich Neues zu entdecken und zu lernen; weshalb nicht die Gelegenheit ergreifen und sich in die Thematik einarbeiten und weiterbilden! Denn eines ist sicher: Märchen werden - ob beim gemütlichen Zusammensein oder als Audio - noch sehr lange gerne erzählt und gehört.