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Interview: Ein Blick hinter die Kulissen des Entsorgungszentrums Haldimann

Es sind die unscheinbaren Berufe, die kaum Anerkennung bekommen und doch so wichtig sind für unsere Gesellschaft. Dazu gehören zum Beispiel die Mitarbeitenden der Entsorgungszentren beim Werkhof und Haldimann. Tag für Tag helfen sie den Kunden, den Abfall zu sortieren. Ich selbst entsorge meinen Abfall regelmässig im Entsorgungszentrum Haldimann und freue mich jedes Mal, dass mir so unkompliziert und doch fachgerecht geholfen wird. Ich habe deshalb Beat Kramer (Stellvertretender Betriebsleiter), Roman Schürch (Ausgebildeter Recyclist) und Eric Künti (Recyclist im dritten Lehrjahr) von der Haldimann AG zum Interview getroffen, um mehr über diesen Beruf zu erfahren.

von Joel Rathgeb
am
Eric Künti, Beat Kramer und Roman Schürch (v.l.n.r.) sind ein eingespieltes Team, das den Kunden die Abfallentsorgung leicht macht. Sie haben sich Zeit genommen, um meine Fragen zu beantworten.

Es sind die unscheinbaren Berufe, die kaum Anerkennung bekommen und doch so wichtig sind für unsere Gesellschaft. Dazu gehören zum Beispiel die Mitarbeitenden der Entsorgungszentren beim Werkhof und Haldimann. Tag für Tag helfen sie den Kunden, den Abfall zu sortieren. Ich selbst entsorge meinen Abfall regelmässig im Entsorgungszentrum Haldimann und freue mich jedes Mal, dass mir so unkompliziert und doch fachgerecht geholfen wird. Ich habe deshalb Beat Kramer (Stellvertretender Betriebsleiter), Roman Schürch (Ausgebildeter Recyclist) und Eric Künti (Recyclist im dritten Lehrjahr) von der Haldimann AG zum Interview getroffen, um mehr über diesen Beruf zu erfahren.

Was ist Ihr Auftrag im Entsorgungszentrum?

Eric Künti: Unser Entsorgungszentrum ist dafür da, alle Abfälle, die in der Region entstehen, zu lagern, aufzubereiten und auf dem besten Weg zu entsorgen. "Auf dem besten Weg" bedeutet, möglichst viel davon wiederverwerten zu können oder zumindest fachgerecht zu trennen und zu entsorgen. Dies tun wir für Haushalte und Unternehmen, aber auch für Events.

Ich sage unseren Mitarbeitern regelmässig, dass wir zwar mit Abfall arbeiten, uns aber sicher nicht wie Abfall behandeln lassen dürfen.

Sie arbeiten täglich an vorderster Front im Entsorgungszentrum. Was sind die Herausforderungen?

Roman Schürch: Unsere Mitarbeiter an vorderster Front, wie zum Beispiel Eric und ich, haben täglich Kontakt mit vielen verschiedenen Kunden. Leider gibt es immer wieder Kunden, die unhöflich, herablassend und zum Teil sogar beleidigend mit uns umgehen. Während der Pandemie hat sich dies noch einmal verstärkt. Das stimmt mich schon sehr nachdenklich.
 
Beat Kramer: Ich sage unseren Mitarbeitern deshalb regelmässig, dass wir zwar mit Abfall arbeiten, uns aber sicher nicht wie Abfall behandeln lassen dürfen.

Was war die schwierigste Situation, mit der Sie bis jetzt konfrontiert waren?

Roman Schürch: Nebst dem zum Teil schwierigen Umgang mit den Kunden während der Pandemie gibt es viele logistische Herausforderungen. Bei bestimmten Abfällen ist es nicht immer einfach, diese beim Kunden abzuholen.
 
Das Eidgenössische Schwingfest in Estavayer-le-Lac im Jahr 2016 war natürlich ein schwieriger Auftrag. Auch an diesem Event haben wir auf das System Abfalltrennung gesetzt, um die grossen Mengen nachhaltig verwerten zu können. Dazu kamen immer wieder unvorhergesehene Herausforderungen. Als zum Beispiel an einem Abend viele Bänke und Tische kaputt gingen, entstand hinter dem Festzelt ein grosser Haufen, der schon fast so aussieht wie die Müllhaufen auf unserem Areal (lacht). Dieser musste dann über Nacht weggeschafft werden, denn am nächsten Morgen muss alles wieder sauber und parat für den nächsten Tag sein. Da hat man den Druck gespürt, der in solchen Situationen auf den Veranstaltern lastet. 

Was passiert eigentlich mit dem ganzen Abfall, der bei Ihnen landet?

Eric Künti: Zuerst wird alles gewogen und dann von unseren Mitarbeitern sortiert. Dies geschieht von Hand und auch maschinell. Holz wird danach geschreddert, Karton, Kunststoffe und andere Materialien werden zu Ballen gepresst und zur Wiederverwertung weitergeleitet. Metall und Glas wird eingeschmolzen und wie Karton und Papier für neue Produkte verwertet. Was nicht wiederverwendet werden kann, wird möglichst umweltfreundlich verbrannt. Beispielsweise bringen wir Holz in mit speziellen Filtern ausgestattete Holzheizkraftwerke, wo Wärme und Energie erzeugt wird. Was übrig bleibt, wie zum Beispiel Hausmüll, kommt in eine Kehrichtverbrennungsanlage. Aber viel besser wäre natürlich, den Abfall gar nicht erst entstehen zu lassen.

Wie schätzen Sie die Abfallsituation in Murten ein? Sind wir Vorbild oder eher Nachzügler?

Beat Kramer: Das Thema Abfall ist ein goldenes Kalb, wenn man es politisch diskutiert (lacht). Nein, im Ernst: Die Verantwortung beim Thema Abfall wird von den Bürgern gerne an die Gemeinden und die Unternehmen abgeschoben. Wenn McDonalds-Verpackungen am Strassenrand liegen, gibt man McDonalds die Schuld daran. Aber es war der Mensch als Konsument, der die Verpackung an der nächsten Kreuzung zum Fenster hinausgeworfen hat. Diese Einstellung stört mich. Das gleiche gilt für öffentliche Plätze: Klar hat es zum Teil zu wenig Abfalleimer, aber schuld ist trotzdem nicht die Gemeinde, wenn dutzende Bierflaschen zum Beispiel auf der Pantschau-Wiese herumliegen.

Was könnte man noch verbessern?

Roman Schürch: Teilweise braucht es anstelle eines Mülleimers eine Mülltrennstation, wo man immerhin die wichtigsten Materialien wie Glas, Alu, PET und den Restmüll trennen kann. Einige Gemeinden haben damit schon sehr gute Erfahrungen gemacht.
 
Beat Kramer: Diese Stationen sind auch vermehrt im öffentlichen Raum anzutreffen, sie wandern aus den Bahnhöfen raus in die Städte oder Dörfer und die Trennung funktioniert erstaunlich gut.

Das Umdenken muss zwei Schritte vorher stattfinden.

Wie wird sich die Abfallentsorgung in Zukunft entwickeln? Stehen grössere Innovationen an?

Eric Künti: Die Abfallentsorgung und damit auch unser Beruf werden komplexer. Dies sieht man beispielsweise an der Anzahl verschiedener Materialien, die heutzutage auf dem Bau eingesetzt werden. Da gibt es immer mehr verschiedene Stoffe, die dann zum Teil speziell entsorgt werdem müssen. Vor allem die Unterscheidung wird immer schwieriger. Für meine Lehrabschlussprüfung muss ich zum Beispiel sieben der zwölf verschiedenen Arten von Plastik unterscheiden können. Von Auge kann man die verschiedenen Kunststoffe zum Teil nicht unterscheiden, hier müssen Flamm- und Geruchsproben angewendet werden. Nicht zuletzt deshalb finde es wichtig, dass das Thema Abfallentsorgung auch im Lehrplan der Schulen Platz findet.
 
Roman Schürch: Im Radio habe ich mal von der Idee gehört, den Abfall nicht mehr beim Konsumenten zu trennen, sondern dass dies vollständig die Entsorgungszentren übernehmen. Das finde ich aber keine gute Idee, denn je mehr der Abfall vermischt wird, umso schwieriger und aufwändiger wird es, einzelne Produkte zu recyclieren. Aber wichtig wird auch sein, dass zwei Schritte vorher ein Umdenken stattfindet. Wieso muss Bio-Gemüse in Plastik eingepackt sein? Es gibt Unternehmen, die verpacken zu Beispiel das gleiche Reinigungsprodukt in drei verschiedene Verpackungen mit drei verschiedenen Plastikarten. Das sollte vermieden werden.

Ich bedanke mich bei Eric Künti, Roman Schürch und Beat Kramer für ihre Zeit und Offenheit und freue mich, sie bei meinem nächsten Besuch im Entsorgungszentrum Löwenberg wieder anzutreffen!