Go back
Land und Leute /Kolumne
Brigitte Kaufmann

Über Gott und die Welt - Von der Veränderung

Nach einem heissen Sommer, wo wir uns manchmal in südlichen Gefilden wähnten, sind nun doch erste herbstliche Zeichen zu sehen. Im Vullygebiet sind viele Trauben gelesen. Die Baumnüsse fallen vom Nussbaum und der Feigenbaum trägt süsse Früchte. In einigen Teilen der Schweiz liegt schon der erste Nebel und uns zieht es hinauf in die herbstlich goldige Bergwelt.

Wir haben hier in Mitteleuropa noch das Glück, viermal im Jahr eine Veränderung der Jahreszeiten zu erleben.

Manchmal stöhnen wir zwar darüber und es tönt so: „Ach, schon wieder so früh dunkel. Diese Kälte im Winter liegt mir in den Knochen. Dieses Aprilwetter raubt mir den letzten Nerv. Diese unerträgliche Sommerhitze, ich ziehe bald nach Finnland.“ 

Aber Hand aufs Herz, möchten wir es lieber immer heiss, oder immer kalt oder immer gemässigt?

So wie die Jahreszeiten sich immer wieder verändern, so sind auch wir Veränderungen in unserem Leben unterworfen. Wir machen Pläne und entwickeln uns. Jede Entwicklung verlangt Veränderung. Das Leben ist nur durch Veränderung und Neubeginn vollständig. Und in jeder Veränderung liegt eine Chance, etwas Neues zu schaffen, das irgendwann etwas Gutes hervorbringt.

Wenn ich den Oberstufenschülern zuhöre, sind sie glücklich, nun zu den Teenies zu gehören und keine „Kinder“ mehr zu sein. Für die Eltern sind diese Teenie-Veränderungen allerdings eher Anlass für schlaflose Nächte. In diesen drei Oberstufenjahren geschieht so viel an Veränderung, dass ich manchmal erstaunt bin, wie die Eltern und Jugendlichen dies überleben.

Kaum sind die Jugendjahre vorbei, üben wir uns im Erwachsensein. Die grosse Freiheit ruft, aber damit auch eine grössere Verantwortung und Selbständigkeit.

Manche Veränderungen machen uns glücklich: Das Wechseln vom Singledasein in eine erfüllte Partnerschaft. Eine Reise, die uns den Horizont öffnet. Die Geburt eines Kindes. 

Und es gibt auch Erlebnisse, die wir am liebsten aus unserem Leben verbannen möchten: Der Verlust des Arbeitsplatzes. Die Trennung von einem Partner. Eine schwere Krankheit.

Solche Veränderungen stellen uns auf den Prüfstand, machen uns unsicher und fordern uns ganz. Und doch wäre unser Leben ohne sie unvollständig.

Hermann Hesse hat in seinem Gedicht „Stufen“ die Thematik der Veränderung passend aufgegriffen.

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend

dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,

blüht jede Weisheit auch und jede Tugend

zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

Bereit zum Abschied sein und Neubeginne

Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

In andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine erfüllte Zeit und ein erfülltes Leben.

PS: Wenn ich mit älteren Menschen rede, berührt es mich immer, wenn diese von einem arbeitsreichen Leben, meist mit einigen Schicksalsschlägen erzählen. Am Schluss folgt dann meistens der Satz: „Aber es war gut.“

Brigitte Kaufmann lebt in Jeuss und arbeitet als Familienfrau und Mutter. Die gelernte Hauswirtschaftslehrerin und Theologin ist ausserdem als Laienseelsorgerin in der Pfarrei Gurmels tätig.