(K)ein Kind von Traurigkeit: Laura Fehlmann legt ihre Familiensaga vor
Die Lokaljournalistin und passionierte Fahrradfahrerin Laura Fehlmann aus Cressier hat im April ihre eigene Familien- und Lebensgeschichte in Buchform auf den Markt gebracht. Prädikat: Lesenswert!

Die Lokaljournalistin und passionierte Fahrradfahrerin Laura Fehlmann aus Cressier hat im April ihre eigene Familien- und Lebensgeschichte in Buchform auf den Markt gebracht. Prädikat: Lesenswert!
Ja, ich gebe es zu; ich habe das Buch in einem Zug gelesen. Packend, fesselnd, teilweise auch berührend bis hin zu bedrückend. Es ist nicht irgendeine Geschichte. Es ist die Geschichte von Laura Fehlmann aus Cressier. Während meiner Zeit als Journalist hatten sich unsere Wege immer wieder gekreuzt.
Starke Frauen
Das Buch trägt den Titel "(K)ein Kind von Traurigkeit" und ist eine Geschichte von starken Frauen und schwachen Männerfiguren. Vom Südtirol über Burgdorf und schliesslich im Seebezirk hängengeblieben. Die Familiensaga birgt Stoff für einen Spielfilm, kommt aber - wie die Autorin auch - eher subtil und bescheiden daher. Nicht aufdringlich oder effekthascherisch geschrieben, eher mit chirurgischer Präzision und ohne Umschweife schildert Fehlmann auch die schwierigen Lebensabschnitte.
Kein Sonntagsspaziergang
"Der Tod gehört zum Alltag. Aufgebahrte Leichen waren zu meiner Kindheit alltäglich..." Ein Buch, das so beginnt, ist kein heiterer Sonntagsspaziergang. Laura Fehlmann nimmt den Leser, die Leserin mit durch ihre Kindheit, ihr bewegtes Teenagerleben bis hin zum Leben als junge Frau in einem beruflichen Umfeld, das in den 80er und 90er Jahren noch weitgehend vom Machismus geprägt war.
Aber das Buch ist keine Abrechnung. Es ist mehr eine Erinnerung, dass das Leben trotz allem Negativen immer auch lebenswerte Momente enthält.
Meine Erinnerungen schreibe ich so auf, wie sie mir aus dem Gedächtnis zufielen. (Seite 85)
Die Familiengeschichte ist nicht chronologisch aufgebaut. Vielmehr werden Zeit- und Ortssprünge nach vorne und hinten vollbracht. Oder wie es Laura Fehlmann mit den Worten des bekannten südamerikanischen Schriftstellers Gabriel Garcia Marquez beschreibt: "Leben, um davon zu erzählen."

Das Buch führt durch eine Kindheit mit zahlreichen Umzügen, einem ständigen sich neu Anpassen. Als Kind einer ausländischen Mutter und eines Schweizers erlebt sie Rassismus, erfährt Ablehnung und auch Neid. Schon früh muss sie sich durchsetzen, ihren Platz in der Gesellschaft finden. Dieser Kampf um Anerkennung zieht sich wie ein roter Faden durch ihr Leben.
Einen Hafen der Geborgenheit bilden die Ferien im Südtirol bei ihrer Grossmutter, welche die kleine Laura mit Zuneigung und Anerkennung überhäuft. Als junge Frau und später im Berufsleben muss sie sich stets durchsetzen. Erst gegen Freunde und Kollegen, welche zwar von der Weltrevolution träumen, dem Drogenkonsum aber den Vorrang geben. Später gegen eine von Männern geprägte Arbeitswelt im Medienbereich.
Späte Versöhnung mit dem Leben
Das Leben von Laura Fehlmann nimmt mit der Heirat ihres Sohnes und der Geburt der Enkelinnen eine neue Ausrichtung. In den Hintergrund geraten all ihre Kämpfe und Sorgen. An diese Stelle rücken die Gefühle, die nur Grosseltern erleben können. "Wer hätte gedacht, dass in mir so viel Geduld und Liebe schlummern. (Seite 84)" Die Heirat ihres Sohnes in der Ukraine zählen zu den Schlüsselerlebnissen im Buch.
Der Lokaljournalismus ist tot (Seite 94)
Abrechnung mit dem Lokaljournalismus
"Der Lokaljournalismus ist tot!" Eine starke Aussage zum Schluss des ersten Teils des Buches. Der Beruf sei akademisiert worden. Konzepte seien wichtiger als Menschen und ihre Geschichten. Im 2022 hat Laura Fehlmann beschlossen nicht mehr für die grossen Tageszeitungen zu schreiben.

Wir haben gleichwohl bei ihr nachgefragt, wie dies zu werten ist.
Deiner Meinung nach ist der Lokaljournalismus tot. Wie schätzt du Nischenangebote wie "unsereRegion" in diesem Zusammenhang ein?
Wie "unsereRegion" zeigt, ist der Lokaljournalismus lebendig. Leider wird er von den grossen Medien vernachlässigt. Das ist die Chance für lokale Medien, denn die Menschen wollen lesen, was in ihrem Umfeld passiert.
Was müsste geschehen, damit du dich wieder mit dem Lokaljournalismus versöhnen könntest?
Ich muss mich nicht versöhnen mit dem Lokaljournalismus, weil ich ihn liebe, und manchmal für eine ländliche Wochenzeitung schreibe.
Interesse geweckt?
Das Buch (K)ein Kind von Traurigkeit ist bei der Druck und Satz Hermann AG erschienen und kann online bestellt werden unter: Verlag Hermann
ISBN: 978-3-907229-52-1
Bestellbar auch in der Altstadtbuchhandlung Murten (Webseite)