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«Die Niere» - Ein Blick hinter den Vorhang des Kellertheaters (Teil 1)

von Karin Ledermann
am

Am 28. Januar 2022 findet die Premiere des Stücks "Die Niere", eine Eigenproduktion des Kellertheaters Murten, statt und seit Anfang September wird wieder fleissig geprobt. Das Werk stammt aus Stefan Vögels Feder. Der studierte Wirtschafsinformatiker arbeitet seit nun bald dreissig Jahren als Autor und Schriftsteller; "Die Niere" wurde 2019 gar in Österreich unter dem Titel "Risiken und Nebenwirkungen" verfilmt.
 
Es ist ein munteres und entspanntes Grüppchen, das sich am 8. Dezember zur Probe einfindet. In der vordersten Reihe hat sich Mira Suter installiert, bereits zum elften Mal übernimmt sie die Regieassistenz – ein alter Hase also. Sie ist unverzichtbar und für alle Anlaufstelle und Anker zugleich. Während den Proben ist sie Souffleuse, Hüterin des Regiebuchs, sie hält Positionen, Gänge, Textänderungen, -streichungen, Auftritte, Abgänge, Requisiten fest. Sie bringt aber auch den Pausensnack mit; sie ist 'gib, bring, hol, erinnere mich' in einer Person. Mich dünkt, sie ist die Seele und Stütze des Trupps.

Regie führt Marion Rothhaar. Die ehemalige westdeutsche Olympiateilnehmerin (Seoul 1988, rhythmische Sportgymnastik) ist seit 2008, nach Abschluss des Studiums und der europaweiten Arbeit als Regieassistentin, freie Regisseurin und Dramaturgin in Luxemburg, Deutschland, Frankreich und der Schweiz. Im Kellertheater Murten führt sie das erste Mal Regie.
 
Das Bühnenbild steht noch nicht, die Technik ebenso wenig, vorerst hat anderes Priorität: Die Schauspieler*innen machen sich mit der Bühne vertraut, leben sich in das Stück hinein. Requisiten werden verrückt, Positionen diskutiert, Neues ausprobiert.

Doch selbst für mein ungeschultes Auge ist es offensichtlich, dass dies nicht die erste Probe ist. Die Schauspieler*innen haben an ihren Charakteren bereits viel Arbeit geleistet, sie zum Leben erweckt. Ab und zu stolpert jemand beim Text, Mira souffliert. Wird eine Passage drei-, vier- fünfmal wiederholt, führt das zu lustigen Situationen, jemand spricht sich selber mit dem eigenen Bühnennamen an, ein anderer kriegt die familiären Verbindungen nicht mehr auf die Reihe und macht aus dem Vater der Kinder den Mann der Tochter. Das sorgt jeweils für viel Gelächter.
 
Die Regisseurin Marion beobachtet aufmerksam und gibt Anregungen: "Nimm Platz ein, lass den Blick schweifen, wende dich ab. Braucht es für den Kuchen Servietten oder Teller, braucht es gar Gabeln? Mit Gabeln lässt sich gestikulieren, ja, sie können sogar als Waffe eingesetzt werden! Wir versuchen es! Was ist, wenn wir den Sessel etwas mehr nach rechts schieben und wie wirkt es, wenn du diesen Satz erst sagst, nachdem du dich bereits angewendet hast?"

Es ist eindrücklich, wie sich mit etwas mehr – manchmal aber auch mit etwas weniger – Bewegung oder Gestik, mit etwas mehr Gewicht auf ein Wort oder einen Satz – oder eben auch nicht – das Gesamtbild verändert. Schritt für Schritt tasten sich die Schauspieler*innen an ihre Charaktere heran, wachsen in ihre Rollen.
 
In dieser Probe wurden Akt eins und zwei geübt. Und am Ende des zweiten Aktes verschlug es mir ob der Wendung, die das Stück nimmt, die Sprache. Wie geht es weiter? Ich brenne vor Neugier und eines ist gewiss, es ist ein Thema, das buchstäblich an die Nieren geht und wichtige Fragen aufwirft!

Ich möchte jedoch das Thema nicht vernachlässigen, wie es sich anfühlt, die Arbeit nach einem Jahr wieder aufzunehmen, war doch die Premiere ursprünglich im Januar 2021 geplant. Was können die Schauspieler*innen noch abrufen, wie hat sich die Motivation, Zusammenarbeit, der Charakter der Figur verändert? Darüber erzähle ich Ihnen gerne im nächsten Bericht mehr, denn eines ist gewiss, an diesem spannenden "pièce de théatre" bleiben wir dran und nächstes Mal wird es richtig persönlich!